König Galerie präsentiert eine Ausstellung von Stephan Balkenhol in der Chapel von St. Agnes, in der eine Auswahl neuer und früherer Werke zu sehen sein wird. Es ist die dritte Ausstellung des Künstlers in der Galerie.
Seit den 1980er-Jahren widmet Stephan Balkenhol seine künstlerische Praxis der menschlichen Figur. Traditionell stell ten Plastiken menschlicher Figuren Könige und Königinnen, Herrschende oder mythologische und religiöse Gestalten und Heroen dar. Balkenhol hingegen schafft Versionen des „Jedermann”: Männer in schwarzen Hosen und weißen Hemden oder Frauen in schlichten Kleidern und mit Pumps. Die Figuren sind zeitgenössisch, doch ihre Gesichter tragen einen ambivalenten Ausdruck, lassen offen, was ihre Geschichten sind und laden dadurch die Betrachtenden zur Interpretation ein.
Im hinteren Teil der Chapel begegnen wir einem monumentalen Kopf auf einer Plattform, der auf einen typischen Balkenhol Mann in schwarzer Hose und weißem Hemd blickt, der ihm gegenüber steht. Beide beäugen sich – fragend? Sich rechtfertigend? zweifelnd? Sind sie derselbe Mensch; das Gesicht sich reflektierend in der Figur, vielleicht Ich und Über-Ich im Sinne Sigmund Freuds? Oder vielleicht werden in religiösem Sinne Ungewissheit und Versagen, Schuld und Rechtfertigung vor einem großen Richter reflektiert?
Balkenhol formt und schnitzt seine Figuren aus ganzen Baumstämmen. Das zeigt sich an den massiven Sockeln, die als integrale Bestandteile der Skulpturen konzipiert sind. Als Materialien bevorzugt er Weichhölzer wie Pappel, Abachi und Zeder. Ihre grob behauenen Oberflächen und farbigen Fassungen verleihen den Arbeiten Balkenhols unverwech selbare Handschrift, die das handwerkliche Moment des künstlerischen Prozesses feiert.
Diese Art von Sockeln sind bei den Nonnen-Figuren zu sehen und auch haben sie die für Balkenhols Werke typischen Gesichter – sie lassen sich zeitlich kaum verorten und ihr Ausdruck bleibt unbestimmt. Fast scheint man ein Lächeln zu vernehmen; haben sie vielleicht getuschelt oder geheime Gedanken ausgetauscht?
Balkenhol hat frühere Traditionen der Porträtkunst wiederbelebt und ihnen eine zeitgenössische Sensibilität verlie hen, indem er seine Figuren ohne persönliche Attribute oder Accessoires darstellt. Seine Skulpturen besitzen eine einzigartige, haptische Präsenz, die den bildhauerischen Prozess und dessen physischen Aspekt offenlegen. Die raue Oberfläche steht in spannungsreichem Kontrast zu der Ruhe, die die Figuren mit ihren offenen Gesichtsausdrücken vermitteln.