Die König Galerie präsentiert die Einzelausstellung Fool for a lifetime von Johanna Dumet. Zum ersten Mal prä sentiert die Künstlerin auch Außenskulpturen, die gemeinsam mit einer neuen Serie von 22 Ölgemälden eine verspielte, intuitive Welt entstehen lassen – geprägt von Lust, Zufall und familiären Spuren.
Der Rundgang beginnt vor der Kirche, wo zwei großformatige Skulpturen – Le roi de cœur (Herz-König)* und La reine de pique (Pik-Dame) – die Besucher:innen empfangen. Seit 2010 sammelt Dumet Spielkarten, die sie auf der Straße findet – eine stille Form der Beobachtung, die eine poetische Frage aufwirft: Wie entfernt sich eine Karte vom Deck – und wohin verschlägt es sie? Diese Idee nimmt hier Form an. Die Skulpturen bestehen aus handbemaltem, leicht verzoge nem Aluminium – wie Karten, die vom Leben gezeichnet wurden: verbogen durch Wetter, Zeit und Zufall.
Die Figuren treten in einen Dialog mit der Architektur: Der König liegt, leicht zerknittert, auf dem Vordach über dem Eingang. Die Königin ist hoch oben am brutalistischen Turm angebracht, den Blick in die Ferne gerichtet. Zwischen ihnen entsteht ein stilles Gespräch – eine Verbindung über Raum und Zeit hinweg, die Dumets Interesse an Erinnerungsobjekten, Bewegung und Bedeutungsverschiebung sichtbar werden lässt.
In der Nave steht die zentrale Skulptur King for a day, fool for a lifetime – ein fast fünf Meter hohes Kartenhaus aus 15 bemalten Aluminiumplatten (je 170×100 cm). Auf seiner Spitze thronen der König und der Narr – eine unerwartete Allianz, die Machtverhältnisse auf den Kopf stellt. Der Narr, im Tarot der Fool, steht für Freiheit, Spiel und schöpferisches Potenzial. In Dumets Konstruktion begegnen sich Fantasie und Autorität auf Augenhöhe. Das fragile Spiel wird zum Denkmal, das das Träumen als Widerstand feiert – und Torheit als eine Form von Weisheit.
Rund um das Kartenhaus versammelt sich eine Serie von 22 großformatigen Ölgemälden, inspiriert von den Großen Arkana des Tarot. Dumet greift auf historische Karten wie das Tarot de Marseille und das Visconti-Sforza-Deck zurück und entwickelt daraus eine eigene Bildsprache. Jedes Werk (205×105 cm) ist mit abgerundeten Ecken gestaltet – wie eine überdimensionierte Tarotkarte. Der Malgrund aus Hasenhautleim und Pigment verleiht der Oberfläche eine zarte, aquarellartige Tiefe. Darauf entstehen vielschichtige Kompositionen aus Öl, eingenähten Leinwandfragmenten und persönlichen Fundstücken.
In die Bilder eingearbeitet sind Glasperlen aus Indien, französische Medaillen, alte Spielkarten, gesammelte Bänder und Schmuckstücke, die die Künstlerin einst selbst getragen hat. In V le pape (Der hierophant) findet sich ein Medaillon, in XII le pendu (Der gehängte) eine Karte aus dem Kartenspiel ihrer Großeltern, in XIX le soleil (Die sonne) ein Band, das sie vor 15 Jahren auf einer Indienreise mitnahm. So werden die Werke zu Bildträgern und Erinnerungsobjekten zugleich – zu persönlichen Talismanen, in denen sich Intuition, Zeit und Geschichte verdichten.
Dumets Beziehung zum Tarot geht bis in ihre Kindheit auf dem französischen Land zurück. «Meine Großmutter hat sich selbst die Karten gelegt – einmal habe ich diesen stillen, privaten Moment zufällig mitbekommen», erzählt sie. «Ich konnte die Karten nur aus der Ferne sehen, ihre Bedeutungen blieben mir verborgen – und genau deshalb begannen sie in meiner Fantasie zu leben, als Teil einer geheimnisvollen, inneren Welt.» Später begann sie, verschiedene Decks zu sammeln – aber immer mit dem Wunsch, ein eigenes zu gestalten. In der Tradition der Kartenlegerinnen vor ihr inter pretiert Dumet die überlieferten Symbole neu – mit einer unverwechselbaren, bildnerischen Stimme.
Von den Straßen der Stadt bis zu den Mauern von St. Agnes, von persönlicher Erinnerung bis zur archetypischen Bildsprache: Fool for a lifetime öffnet einen Raum, in dem Intuition, Spiel und Lust den Ton angeben – wo Struktur ins Wanken gerät, Zeit sich übereinanderschiebt und Fantasie zum Vermächtnis wird.