Galeria Plan B freut sich, Gloaming, die erste Einzelausstellung von Tincuta Marin (geb. 1995, Galați, Rumänien) in der Galerie, anlässlich der Berlin Art Week 2025 zu präsentieren. In ihren neuen Arbeiten lädt Marin die Betrachter in eine Zwischenwelt ein, in der Konturen verschwimmen und Stille herrscht. Inspiriert vom Phänomen der Rayleigh-Streuung – der Ursache für die Himmelsröte bei Sonnenuntergang – bewegen sich ihre Gemälde und Skulpturen in der poetischen Schwelle zwischen Tag und Nacht.
„Gegen die Zeit, in der die Konturen verschwinden und die Welt langsam im kaum hörbaren Murmeln versinkt. Meine Figuren sprechen nicht. Sie sitzen schweigend da, wie Reihen von Wächtern. Rot durchzieht sie und formt sie von innen, wie ein brennendes Feuer ohne Flamme. Es sind Körper, die nichts mehr verlangen, in denen jedoch etwas fortbesteht“, reflektiert Marin.
In ihren Malereien lösen sich Körper in Strömen von Farbe auf, ihre Umrisse flackern und leuchten sanft am Rand des Wahrnehmbaren. Köpfe neigen und verdoppeln sich, Gesichter überlagern einander, Augen bleiben in Kontemplation geschlossen. Die Figuren sind weniger Porträts als Gefäße – Durchgänge, durch die Stille und Erinnerung streifen. Feine lineare Zeichnungen überschreiben die Pigmente wie geheimnisvolle Schriften. Inspiriert von Mythen und den Dekorationen ägyptischer Grabkammern wird jedes Werk zu einer geschichteten Oberfläche, einem Palimpsest überlagerter Zeiten. Im Halbdunkel von Marins Welt scheinen Wesen zwischen Erscheinung und Relikt zu schweben.
Marins Praxis ist geprägt von einer persönlichen Mythologie. Die göttlichen Figuren, die die Künstlerin imaginiert, spiegeln die Kontinuität der Geschichte wider: Ihre Formen sind von der Antike inspiriert und zugleich durchdrungen von den fragmentierten und dynamischen Ästhetiken der Moderne. Dieses Zusammenspiel schlägt eine Brücke zwischen Altertum und Gegenwart, verstärkt die schützende Kraft dieser Motive und hebt zugleich ihre heutige Relevanz hervor. Die Betonung der weiblichen Figur, die in vielen antiken Kulturen zentral war, feiert ihre übernatürliche und schöpferische Bedeutung.
Die Ausstellung von Tincuta Marin umfasst Malerei und Skulptur. Ihre Oberflächen bewegen sich zwischen roher Unmittelbarkeit und bewusster Verfeinerung, während skulpturale Elemente die Bildwelt in den Raum hineintragen. Wiederkehrende Motive – gewölbte Türen, die Übergänge andeuten, einäugige Profile, die Wirkliches und Mythisches verschwimmen lassen, sowie strahlende, gesteigerte Farbigkeit – markieren ihre Erforschung der Spannung zwischen dem Sakralen und dem Alltäglichen, dem Realen und dem Imaginären.
In diesen von tiefgreifenden politischen und sozialen Krisen geprägten Zeiten erscheint die Reaktivierung magischen Denkens – seit jeher eng mit künstlerischem Ausdruck verbunden – als eine Form des Schutzes, als symbolische Schwelle. Marins Imagination wird zum Antrieb ihrer künstlerischen Ausdruckskraft und wirkt als grundlegendes Prinzip. Ihr Werk fängt die Fluidität zwischen Realität und Fantasie ein und lässt die Grenzen zwischen beiden verschwimmen.
Mit Gloaming erweckt Marin das magische Denken neu, betont die bleibende Kraft des Mythos und die Notwendigkeit der Kunst in unsicheren Zeiten.