Seinen 100. Geburtstag hätte der Maler und Zeichner Heinz Butz (1925 Dillingen – 2022 München) im Dezember 2025 gefeiert. Dieses Jubiläum gibt Anlass zu gleich zwei Ausstellungen, die das Werk des Künstlers ehren – postum, denn er verstarb 2022 im Alter von 96 Jahren. Jahn und Jahn zeigt eine konzentrierte Auswahl von Gemälden aus den 1960er Jahren, die sehr präzise einen bedeutsamen Entwicklungsschritt markieren – einen Durch- oder vielmehr Ausbruch im Werk von Butz. Dem gegenüber steht eine museale Retrospektive im Museum Starnberger See, die in gemessenem Rahmen und inhaltlicher Tiefe einen Zugang öffnet zum einzigartigen Butz'schen Werkkosmos.

Heinz Butz war ein stiller Avantgardist, der konzentriert weiterentwickelte, was er in der Vergangenheit und in seiner Lebenswelt vorfand. Sein künstlerischer Ausdruck war leise und doch voller Kraft und Selbstbewusstsein. Oft schien er seiner Zeit voraus, gerade weil er abseits der Stile und Bewegungen seiner Epoche arbeitete. So fand und ging er einen eigenen Weg und erschuf dabei eine ebenso verwobene wie offene Bildwelt. Alle Kunst kommt – ganz besonders bei Butz – aus dem Leben und Erleben. Er selbst hat diese Verbindung sehr prägnant mit den Worten formuliert: „Pflanzen brauchen Erde“ 1. Es braucht also einen Blick auf die Biografie, aus der seine Kunst gewachsen ist.

Im Dezember 1925 im schwäbischen Dillingen geboren, wurde Butz mit gerade 18 Jahren in den Zweiten Weltkrieg geworfen. Er erlebte die Grausamkeit des Krieges und dessen Ende an der Ostfront, geriet in russische Gefangenschaft und in ein Arbeitslager. Ein Jahr später kehrte er nach Deutschland zurück. Vielleicht als Gegenbewegung zu seinen Erfahrungen in Faschismus, Krieg und Gefangenschaft wandte er sich der Natur und der Kunst zu. Er studierte an der Kunstschule Augsburg und an der Akademie der Bildenden Künste in München. An beide kehrte er später als Lehrer zurück. Mit Leidenschaft und Konzentration erschloss sich Butz Zeichnung und Malerei. Unzählige Skizzenbücher füllte er mit Naturstudien, übte sich an der Wiedergabe des Sehens und Empfindens.

In seinen ersten Gemälden erprobte der Künstler um 1950 dieses für ihn neue und doch bereits Jahrhunderte alte Feld. Zehn Jahre später war seine künstlerische Sprache ausgereift und Butz entwickelte für sich eine eigene, formal strenge und zugleich offene Malerei aus den Grundelementen Linie, Form und Farbe. Damit hatte er das Zentrum seines künstlerischen Ausdrucks gesetzt und begann dessen Möglichkeiten zu erforschen. In den folgenden Jahrzehnten erschuf Butz auf diese Weise einen Werkkosmos, der sich mühelos jeder Einordnung widersetzt. Dazu gehören, neben als Bildobjekte freigestellte Formen im Raum und Skulpturen aus Fundstücken, auch weiterhin Bilder auf Leinwand. Diese Bilder – von denen eine Auswahl in der Ausstellung zu sehen ist – stehen handwerklich in einer malerischen Tradition und brechen doch ganz im Wortsinn radikal mit kunstgeschichtlichen Grundfesten.

War die Wurzel allen künstlerischen Schaffens zuvor die Vermittlung von Empfindung, Erkenntnis und Sinn über ein Bild als Medium, so tritt jetzt das Bild selbst hervor – als pures Objekt in der Welt, als Komposition, als Form, als Körper und energetisches Gegenüber. Dabei können die Werke dennoch Anklänge an erkennbare Formen enthalten. Die immer wieder zu findenden Fragmente einer aufblitzenden Motivik stellen aber nur umso mehr die semantische Bindungslosigkeit, ja die Freiheit der Werke heraus. In dieser feinen Balance von Kräften liegt die Meisterschaft von Heinz Butz, dem es gelang Sensibilität unmittelbar in Kunst umzusetzen und mit dieser wiederum Empfinden zu erzeugen, ganz ohne den Umweg über die Ikonographie aber eben auch ohne diese zerschlagen zu wollen.

(Text von Benjamin Tillig, Leiter Museum Starnberger See)

Notes

1 Zitiert nach: Gottfried Boehm, „Das Handwerk des Auges“, in: Heinz Butz. Malerei 1949 – 2018, Sieveking, München 2018, S. 7.