Wir sind ZeugeInnen einer Wahlsituation, die jenseits aller Vorhersagen liegt, wo AkteurInnen, die bis vor Wochen noch am Rande standen, jetzt aktiv teilnehmen. Diese Situation hat die Medienagenda, die seit Monaten in der Covid-19-Situation verankert ist, verdrängt. Im Folgenden werden die wichtigsten Merkmale dieser Wahldynamik der letzten sieben Tage, die wirtschaftlichen Maßnahmen für kleine und mittlere Unternehmen inmitten der Pandemie dargestellt und es gibt wieder einige Kurzberichte.

Das Wahlsprudeln in der Nominierungsphase

Nach dem ursprünglichen, vom Nationalen Wahlrat festgelegten Zeitplan für die Wahlen würde die Nominierungsphase für die KandidatInnen am 19. August enden. Vor dem Ende der Frist wurde eine Verlängerung bis zum 26. desselben Monats angekündigt und diese Woche verschoben die Wahlbehörden das Ende der Frist erneut bis zum 4. September. Was war geschehen? Sowohl unter den politischen AkteurInnen, die mit der bolivarischen Revolution verbunden sind, als auch diejenigen, die sich ihr entgegenstellen, sind intensive nichtöffentliche Diskussion entbrannt, was Vereinbarungen für Wahlveranstaltungen nach sich zieht, Daher hat das Regierungsgremium die Fristen verlängert , um v.a. die meisten der oppositionellen politischen Organisationen in den Prozess mit einzubeziehen.

So distanzieren sich politischen Organisationen der Opposition zunehmend von Juan Guaidó, der einen unter den Prämissen der US-Regierung entworfenen politischen Weg propagiert, bei dem die Teilnahme an Wahlveranstaltungen nicht vorgesehen ist, was ihm den Sieg nicht garantiert. Guaid sieht sich zunehmend isoliert und auf eine kleine Gruppe von Parteien zurück geworfen, die seine Position teilen. Guaidó wird zunehmend von seinen Verbündeten in Frage gestellt, die öffentlich ihre Behauptungen und

Meinungsverschiedenheiten zum Ausdruck bringen. Diese Woche war María Corina Machado von der ultrarechten Organisation Vente Venezuela an der Reihe, die sein reduziertes Umfeld, die mangelnden Ergebnisse in Bezug auf die gemachten Versprechen sowie die Verlässlichkeit bei der Verwaltung einiger Gelder in Frage stellte.

Henrique Capriles, Führer der rechtsgerichteten Oppositionsorganisation Primero Justicia, ist eine weitere Oppositionsfigur, die in dieser Woche den gewundenen und unberechenbaren Weg des Guaidó öffentlich in Frage gestellt und auch die Position der venezolanischen Bischofskonferenz unterstützt hat, die zur Teilnahme an den Parlamentswahlen aufruft. Im politischen Umfeld ist es bereits eine Tatsache, dass dieser Sektor von Primero Justicia über die Kandidat*innen für die Abgeordneten der nächsten Nationalversammlung beraten würde.

In der Vereinigten Sozialistischen Partei Venezuelas wird sich unterdessen bei der Nominierung ihrer Kandidaten bedeckt gehalten. Bisher ist klar, dass das Bündnis des Großen Vaterländischen Pols von mindestens zwei Problemen betroffen ist. Das erste ist die Entscheidung einer Gruppe politischer Bewegungen und Organisationen, sich an den Parlamentswahlen in einer Koalition namens "Revolutionäre Volksalternative" zu beteiligen, in der die Kommunistische Partei Venezuelas PCV als wichtigste Partei herausragt und die ihre Nominierungen bereits vor dem Wahlgremium angemeldet hat. Andere Organisationen, die sich dieser Koalition angeschlossen hatten, wie Patria Para Todos und Tupamaros, waren von Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs betroffen, und zwar auf Antrag einer Gruppe von Militanten beider Parteien, die ihre Führung jeweils in Frage stellten, und nun verfügen diese über vorläufige Leitungen, die ihre Bereitschaft angekündigt haben, im Großen Vaterländischen Pol zu bleiben. (Anmerkung des Übersetzers: Diese Entscheidung stiess in der Öffentlichkeit auf grossen Protest und wurde insbesondere in einer Erklärung der PCV massiv als “Einmischung in interne Parteiangelegenheiten” kritisiert.)

All diese Ereignisse scheinen auf einen Wahlprozess hinzudeuten, an dem die Mehrheit der politischen Oppositionsorganisationen und all jene, die die bolivarische Revolution fördern, teilnehmen werden, ungeachtet der Tatsache, ob sie im Großen Vaterländischen Pol vereint sind. Diese Situation entzieht der Kampagne der Ignoranz gegenüber dem venezolanischen Wahlprozess, die von der US-Regierung und Einrichtungen wie der Europäischen Union geführt wird, jede Argumentationsgrundlage, wo versucht wird in einer klaren Demonstration der Einmischung die venezolanische politische Dynamik an ihre Interessen zu binden.

Wir sollten aber auch nicht naiv sein und denken, dass die Beteiligung von Oppositionsorganisationen nicht Teil einer orchestrierten politischen Strategie ist und dass sie, nachdem ihre Erwartungen nicht erfüllt wurden, ihre Ablehnung oder Unkenntnis der Ergebnisse des Wahlprozesses erklären, wie sie es bei anderen Gelegenheiten getan haben.

Beispiellose Woche in der Zeit von Covid-19

In dieser Woche hat das Land etwas von seiner Dynamik vor der Pandemie zurückgewonnen, da vierundzwanzig wirtschaftliche Aktivitäten zugelassen wurden. Zugleich nahm die Mobilität in der Stadt zu und die Bürger*innen waren in der Lage Erledigungen durchzuführen, die monatelang aufgeschoben werden mussten. Iso wurde teilweise die Nachfrage übertroffen, wie z.B. Bei den Banken, die einen großen Zustrom von NutzerInnen verzeichneten.

In diesem Rahmen kündigte Präsident Maduro eine Reihe von Maßnahmen speziell für kleine und mittlere Unternehmen an, um sie bei der wirtschaftlichen Erholung zu unterstützen. Unter anderem ratifizierte er die Zahlung von Mindestlöhnen an Arbeitnehmer, die mit einem Arbeitsvertrag arbeiten, sowie an diejenigen, die erklärtermaßen selbständig arbeiten. Außerdem kündigte er Erleichterungen bei der formellen Registrierung von Unternehmen und Steuererleichterungen an.

Bis zum 29. August wurden 44.946 Infektionen registriert, d.h. 5.989 mehr Fälle als bis zum vergangenen Samstag. Die Behörden berichteten auch, dass 80% der PatientInnen genesen sind. Von den aktiven Fällen sind 5.552 ohne Symptome und 98% der Gesamtzahl werden vom Nationalen Gesundheitssystem überwacht. Es sei darauf hingewiesen, dass nach offiziellen Angaben 74% der Infizierten unter 49 Jahre alt sind und dass bis heute 58.485 Tests pro Million Einwohner durchgeführt wurden, eine der höchsten Raten auf dem gesamten Kontinent.

Laut dem Covid 19 Statistical Report des venezolanischen Zentrums für Chinastudien vom 28. August hat Venezuela im Verhältnis zur Welt statistisch gesehen weiterhin die gleichen Positionen wie in der Vorwoche. Wir beobachten nur geringe Abweichungen. Was die südamerikanische Region betrifft, so nimmt sie mit einer Sterblichkeitsrate von 0,83% ohne Schwankungen weiterhin den achten Platz ein, während der regionale Durchschnitt leicht auf 3,24% gesunken ist. Die Genesungsrate stieg auf 79% und liegt über dem regionalen Durchschnitt (76,82%). Die venezolanischen Fälle machen 0,72% der Gesamtzahl in der südlichen Region unseres Amerikas und die Todesfälle 0,18% aus.

Kurz zum Schluss

  • Carlos Lanz wird immer noch vermisst. Der ermittelnde Generalstaatsanwalt Tarek W. Saab hat dazu erneut eine öffentliche Erklärung abgegeben und berichtet, dass alle Indizien darauf hindeuten, dass er seine Wohnung freiwillig verlassen hat. Es seien in seinem Fall mehr als 60 juristische Ermittlungen durchgeführt wurden (u.a. Befragung von Angehörigen und Zeugen, Analyse von Kommunikationsgeräten und Informationsverarbeitung). Er berichtete auch, dass er sich an Interpol gewandt habe, um Alarmstufe gelb zu aktivieren, um vermisste Personen ausfindig zu machen, und dass Sonderkommissionen an dem Fall arbeiten würden. Was die Hypothesen zu seinem Verschwinden betreffe, sagte er, dass es mehrere gäbe ohne in Details zu gehen.

  • Was ist der Preis für Trumps Wahlsieg? Laut US-Senator Marco Rubio, würde eine Militäraktion in Venezuela zum Sturz der bolivarischen Revolution die 39 historisch wichtigen Stimmen des staatlichen Wahlgremiums in Florida sichern. Die Schlüsselfiguren in Trumps Regierungskreis sind jedoch da anderer Meinung. Samuel Moncada, der venezolanische Botschafter bei den Vereinten Nationen, warnte in diesem Zusammenhang, vor einer Eskalation der militärischen Bedrohung durch die US-Regierung , die von Regierungen unterstützt wird, die in ihrer Außenpolitik unterwürfig sind, wie die derzeitigen Regierungen von Kolumbien und Brasilien.

Übersetzung von Achim Schuster.