Esther Schipper freut sich, Ensemble anzukündigen, eine Ausstellung, die Werke von Jac Leirner und Rafa Silvares zusammenbringt. Die Ausstellung markiert Silvare­s’ erste und Leirners dritte Präsentation mit der Galerie. In dem Jahr, in dem Silvares einige hundert Kilometer landeinwärts geboren wurde, schloss Leirner ihre künstlerische Ausbildung ab; Jahrzehnte später würde Silvares am selben Institut in São Paulo studieren. Als Fortsetzung ihres reichen Austauschs ist die Ausstellung das Ergebnis des Eindringens der Künstler in die jeweiligen Universen des anderen. Ausgehend von der Gewohnheit, alltägliche Gegenstände aufzugreifen, zu skizzieren und aufzubewahren, erklingt der Dialog der Künstler wie eine Ode an das Sammeln.

Eine neue Version von Leirners bahnbrechendem Werk Hip hop (1998/2025) erstreckt sich entlang der Wände des Ausstellungsraums. Das Werk, das sich in der Sammlung des Solomon R. Guggenheim Museums befindet, wurde bereits in acht Institutionen auf mehreren Kontinenten präsentiert. Für diese Präsentation hat Leirner eine neue Version des historischen Stücks geschaffen und ein Motiv hinzugefügt: „scratch“, eine Sequenz aus vier parallelen, diagonalen Balken. Die Installation, die Piet Mondrians vorletztem Gemälde Broadway boogie woogie (1942–43) Tribut zollt, trägt ihren Namen nach den ungestümen Beats, die aus der Bronx in New York auf die Weltbühne sprangen. In ihrer Materialität – einer horizontalen Linie aus Hunderten von Klebebandstücken unterschiedlicher Breite, Farbe und Dicke – zeugt die Arbeit von der klebrigen Sozialität des Musikgenres: Ausgehend von afro- und latinamerikanischen Blockpartys feiert Hip-Hop bis heute die Schnittstelle von Schlagzeug, Stimme und Tanz. Durch die Kombination chromatischer Konfrontation und quadratischer Verlängerung übersetzt Leirner die Phonetik des Wortes „hip hop“ in den Raum. Schwungvoll und gesättigt resoniert das Werk mit den pulsierenden Loops des Musikgenres und unterstreicht die Bedeutung von Leirners musikalischem Hintergrund als prägende Erfahrung. Getragen vom transgressiven Potenzial der Musik erinnert Hip hop an die Adaption dröhnender Frequenzen in die Optik des Rhythmus. Um die eigene Achse gedreht, wiederholt Anthropomorphic (2024), bestehend aus einer Metallkette, durch die blaue Plastiktüten gefädelt sind, die antreibende Kraft des Rhythmus innerhalb einer skulpturalen Grammatik.

Sechs neue Gemälde von Silvares sind entlang von Hip hop installiert, das sich durch ihr Zentrum zieht und eine verbindende horizontale Linie zwischen ihnen bildet. Vier großformatige Gemälde hängen sequentiell; jedes zeigt eine abstrakte Landschaft aus zähflüssigen Hügeln, die sich langsam zu entfalten scheinen, unterbrochen nur von der scharfen Kontur metallischer Objekte. Metall ist ein wiederkehrendes Motiv, das symbolische Kraft ausübt; seine harte, glänzende, reflektierende Oberfläche ruft das Versprechen der Moderne hervor, mit ihren wissenschaftlichen Vorstellungen von Reinheit und Antisepsis. In Pillars (2025) entleert ein fein poliertes Rohr eine Schwellung aus zähflüssigem Silber in den Vordergrund des Gemäldes, während Mill (2025) eine Schraubenflügelklinge zeigt. Titanium (2025) zeigt eine zusammengepresste Tube, deren herausgedrückte weiße Farbe sichtbar ist; die Silhouette erinnert an eine Sanduhr und ist charakteristisch für die nahtlosen Pinselstriche des Künstlers. Hyperlink (2025) zeigt ineinandergreifende Karabinerhaken und zollt Leirners charakteristischer Geste Tribut, Produkte aus dem Baumarkt zu binden, zu klippen oder anderweitig zu verbinden. Die Zeit scheint in Pole (2025) stillzustehen; das Werk, das wie eine schmelzende Säule wirkt, unterbricht kurzzeitig die Vertikalität von Hip hop und greift zugleich die hohe, ruhige Dynamik von Anthropomorphic auf. In Öl ausgeführt zeigt Silvares’ 808 (2025) glänzende, perfekt runde Knöpfe in Aluminiumgrau, umgeben von intensiven Rot-, Gelb- und Blautönen, die als weitere Anspielung auf Mondrian gelesen werden können. Eine weitere Referenz, angedeutet im Titel, ist die ikonische Drum Machine Roland TR-808 Rhythm Composer, ein grundlegendes Werkzeug der frühen Hip-Hop-Samples.

Wie gesampelte Beats, die sich in Silvares’ 808, in der Form von Leirners Hip hop, an den Wänden der Galerie zurückwerfen, inszeniert die Ausstellung die Übertragung von Klang in Farbe, indem sie ihre wesentliche Form freilegt: die Frequenz. Seite an Seite und übereinander erweitern Leirner und Silvares ihre Erkundung chromatischer Vibrationen zu einem Ensemble rhythmischer Interventionen. Beide Künstler greifen auf eine ungezähmte Farbpalette zurück und scheuen weder lebendige Farbtöne, laute Akzentuierungen noch markante Kontraste. Doch die bewusste Platzierung der Farbe in ihren jeweiligen Werken zeigt eine Ästhetik sensorischer Feinabstimmung. Was die Künstler zur Aufschlüsselung der Farbe durch räumlich-zeitliche Entfaltung antreibt, ist nicht das kühle Maß der Begrenzung, sondern vielmehr eine anhaltende Faszination für Intensität, Rhythmus und Frequenz.