Im Juni präsentiert Hauser & Wirth an der Limmatstrasse in Zürich mit Ed Clark. Paint is the subject die erste Einzelausstellung dieses amerikanischen Pioniers der Abstrakten Kunst in der Schweiz. Die von Tanya Barson in enger Zusammenarbeit mit dem Nachlass von Ed Clark kuratierte Ausstellung vereint zentrale Werke des Künstlers aus sieben Jahrzehnten und bietet so einen Überblick über Clarks bahnbrechendes Schaffen. Gezeigt wird eine breite Auswahl seiner dynamischen, grossformatigen Gemälde sowie Arbeiten auf Papier, frühe Werke und ein Beispiel seines Einsatzes geformter Leinwände (Shaped canvases). Ergänzt wird die Präsentation durch Archivmaterial wie Fotos und Dokumente, die biografische und historische Hintergründe aufzeigen und die Entwicklung seines innovativen Ansatzes und seinen nachhaltigen Einfluss auf die moderne Malerei verdeutlichen.

Erst spät in seiner Laufbahn fand Ed Clarks Werk Anerkennung – eine Anerkennung, die bis heute anhält und stetig wächst. Als Mitglied der New York School trug Clark in den 1950er-Jahren dazu bei, die Abstrakte Kunst durch zwei für ihn charakteristische Stilmittel neu zu definieren: die Verwendung geformter Leinwände und der unkonventionelle Einsatz eines Haushaltsbesens für seine dynamischen, gestischen Kompositionen. Darauf verweist auch der Titel der Ausstellung, der einem Zitat des Künstlers entnommen ist, mit dem dieser auf die zentrale Bedeutung des verwendeten Mediums für seine Kunst hinweist. Sein Werk schlägt stilistisch eine Brücke zwischen der Körperlichkeit und Spontanität des abstrakten Expressionismus und der strukturierten Klarheit des Hard Edge – ein weiterer Beleg für Clarks Bedeutung für die Nachkriegsmalerei.

Ed Clark, 1926 in New Orleans geboren und ausgebildet in Chicago und Paris, war ein lebenslanger Reisender. Die Orte, die er besuchte – ihr Licht, ihre Farben und Stimmungen – prägten sein Werk nachhaltig. Besonders enge Verbindungen pflegte Clark zu Europa: Ab den 1960er-Jahren pendelte er regelmässig zwischen seinen Wohnsitzen in New York und Paris. Seine Ästhetik wurde stark von europäischen Künstlern wie Nicolas de Staël und Pierre Soulages beeinflusst. Er bewegte sich in Kreisen von Künstler:innen und Intellektuellen, zu denen unter anderem Joan Mitchell, Barbara Chase-Riboud, Beauford Delaney, Jack Whitten und James Baldwin gehörten.

In seinen frühen Arbeiten, wie dem figurativen Gemälde Standing woman at the chair (1949–50), das in der Zürcher Ausstellung gezeigt wird, arbeitet Clark noch gegenstädlich, bevor er sich Anfang der 1950er-Jahre zunehmend der Abstraktion zuwandte. Während seines Studiums in Paris experimentierte er immer mehr mit abstrakten Formen, wie das für diese Schaffensphase typische Werk Untitled von 1954 veranschaulicht. Im intensiven Dialog mit den zeitgenössischen französischen Künstler:innen gelangte Clark zu der Überzeugung, dass das wahre Wesen der Malerei nicht in der wirklichkeitsgetreuen Darstellung, sondern im expressiven Farbauftrag liegt, der um seiner selbst willen erkundet werden muss: «Ich kam zu der Erkenntnis, […] dass die eigentliche Wahrheit im Pinselstrich liegt. In meinem Fall sind das ausladende, kräftige Pinselstriche, die nicht eindeutig auf die gesehene Natur verweisen. Die Farbe selbst ist das Thema. Die Bewegungen der Pinselstriche verleihen dem Werk Lebendigkeit. Dies fand in einer zutiefst persönlichen Weise Eingang in meine Malerei.»

Zurück in New York setzt Clark seine innovative Arbeit fort. 1956 arbeitete er erstmals mit geformten Leinwänden und Bildträgern – noch bevor Frank Stella, Ellsworth Kelly, Al Loving und Sam Gilliam ihre Shaped canvases schufen – und wurde so zu einem Pionier der amerikanischen Abstrakten Moderne. 1968, während eines Aufenthalts bei Joan Mitchell in Vétheuil, begann er, mit ovalen Leinwänden zu experimentieren. Diese Entwicklung wird unter anderem in den in Zürich gezeigten Werken Untitled (1970) und Silver stripes (1972) sichtbar. Mit dem Motiv der Ellipse und dem ovalen Malgrund wollte Ed Clark das Sichtfeld erweitern und die immersiven Qualitäten der Leinwand hervorheben.

Schon in Paris hatte Ed Clark Besen als Malwerkzeug benutzt und diese Technik dann in New York intensiv weiterentwickelt. Ab Mitte der 1960er-Jahre platzierte er seine Leinwände auf dem Boden, um mit einem grossen Besen in ausladenden, horizontalen Strichen Farbe aufzutragen und so das Gefühl von Geschwindigkeit und Bewegung einzufangen. Seine gestische Sprache und die zunehmende Betonung des Pinselstrichs wurden zu zentralen Elementen seiner Technik. Ein Highlight der Ausstellung ist Untitled (Acrylic #1 from the series Louisiana) (1978), in dem Clark Acrylfarben verwendete, um die Farbpalette der amerikanischen Südstaaten festzuhalten. Er teilte die Leinwand in drei Abschnitte auf, die an Erde, Luft und Wasser denken lassen, und trug die Farbe mit dem Besen, dem Pinsel und den Händen auf, um die Naturphänomene in abstrakte Formen zu übersetzen. Seine Farbauswahl – von Rosa über Blau bis hin zu Beige – fängt die besondere Atmosphäre dieser Gegend ein, die ihn an die Landschaft seiner frühen Kindheit erinnerte und zu der er in den späten 1970er-Jahren als Professor an der Louisiana State University zurückkehrte.

In den 1980er-Jahren entwickelte Clark einen neuen Kompositionsansatz, den er selbst als Röhrenbilder (Tubular paintings) bezeichnete und erstmals im Rahmen der Broken rainbows-Serie vorstellte. In diesen Werken treten an Stelle der schmalen, horizontalen Linien, die für seine Bilder aus den siebziger Jahren typisch waren, geschwungene Pinselstriche, die den Eindruck gerundeter, drehender Körper erzeugen, wie in Untitled (ca. 1990er-Jahre). Diesen Ansatz erkundete Clark in späteren Werken wie Untitled (2002) weiter, wobei er breite, ausladende Gesten und eine freiere, fliessende Struktur wählte, die sein Spätwerk prägen sollten.

Die Ausstellung in Zürich bietet die seltene Gelegenheit, einen umfassenden Überblick über Clarks Schaffen zu gewinnen, indem sie seine Arbeiten im Kontext verschiedener Narrative der Abstraktion präsentiert und seine bleibende Relevanz hervorhebt. Sie zeigt, dass die abstrakte Kunst für Clark eine tiefere Wahrheit verkörperte als jede wirklichkeitsgetreue Abbildung – ganz im Sinne des Ausstellungstitels «Paint is the Subject».

Mehrere Werke von Ed Clark sind derzeit im Centre Pompidou in Paris, im Rahmen der Ausstellung Paris noir: artistic circulations and anti-colonial resistance, 1950–2000 (19. März bis 30. Juni 2025), zu sehen, die dem Schaffen Schwarzer Künstler:innen in Frankreich gewidmet ist. Dass Ed Clark in dieser Ausstellung vertreten ist, unterstreicht die Bedeutung der afro-amerikanischen Diaspora in Paris und den langjährigen Einfluss Europas auf sein Œuvre, das hier in einem umfassenden transatlantischen Kontext gezeigt wird.