Die Sonderausstellung im Buchkunstkabinett und im Mschatta-Saal des Pergamonmuseums inszeniert anhand von vier Fotoserien und einer Spiegelinstallation die kritische Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, um aktuelle politische und gesellschaftliche Entwicklungen zu reflektieren und im Heute zu verorten.

Indem die fotografischen Arbeiten auf unterschiedliche Weise die identitätsstiftende Funktion von Vergangenheit evozieren, laden sie dazu ein, die historische Bedingtheit der eigenen familiären, sozialen, kulturellen und nationalen Identitäten zu hinterfragen. Die Ausstellung zeigt ausgewählte Arbeiten, die mit historischen Objekten aus der Sammlung des Museums für Islamische Kunst in Dialog treten.

Vier etablierte Fotokünstlerinnen, die in Iran geboren wurden, setzen sich in ihren Arbeiten aus unterschiedlicher Perspektive mit der historischen Bedingtheit der iranischen Moderne auseinander. Ihre Arbeiten nutzen die Vergangenheit als Kontrastfolie, um sie auf mehreren Ebenen in Metaphern und Allegorien zu hinterfragen und Aussagen über die (iranische) Gegenwart zu treffen. Dabei verwenden die Künstlerinnen verschiedene visuelle Strategien und nehmen Bezug auf diverse Vergangenheiten. Der zeitliche Horizont erstreckt sich vom Beginn der Fotografie in Iran 1842 bis zum Iran-Irak Krieg (1980-88).

Shadi Ghadirian re-inszeniert in Qajar (1998) Studioporträts aus der Kadscharenzeit (1779-1925) und fügt diesen ein zeitgenössisches Element hinzu. Durch die Kombination aus Spuren der Vergangenheit und der Gegenwart verweist sie auf Traditionen, die Auswirkungen auf das heutige Leben haben. In der Serie Nil Nil (2008) inszeniert sie scheinbar idyllische Innenräume, in denen sich jedoch versteckte Kriegsobjekte befinden. Dabei erzählt Ghadirian von den Traumata, die, obwohl der Iran-Irak Krieg 1988 endete, in den Psychen von jenen Personen, die den Krieg erlebt haben, bis heute fortwirken.

Arman Stepanian platziert in Gravestones (1999/2000) und Doorbells (2004) Gruppen- und Einzelporträts aus der Kadscharen- und Pahlavizeit (1925-1979) in zeitgenössische Szenerien. Dies könnte als Erinnerung daran, dass die Bedingungen unserer gegenwärtigen Situation von unseren Vorfahren geformt wurden, interpretiert werden.

Najaf Shokri scannt in Irandokht (2006) und The Registration Congregation of Iranian Men (2006-12) Passfotos iranischer Identitätsdokumente aus der Pahlavizeit. Die Aneignung von fotografischen objets trouvés stellt eine Reflexion der individuellen und kollektiven Identität, deren Ursprünge in der Vergangenheit liegen, dar.

Taraneh Hemami verarbeitet in Hall of Reflections (2000-12) Fotografien und Briefe von Personen, die aus Iran in die USA migriert sind, zu Spiegelassemblagen. Diese verweisen auf den durch die Migration entstandenen Schmerz der Nichtzugehörigkeit sowie das Vermissen eines Ortes, der nun der Vergangenheit angehört.