König Galerie zeigt in Zusammenarbeit mit dem Hans Erni Museum Luzern und dem Museum Wiesbaden Werke des Berliner Künstlers Sven Drühl, der seit über zwanzig Jahren im Kontext konzeptueller Landschaftskunst arbeitet. Die Ausstellung F.N.J.–K.S.T. – seine zweite mit der Galerie – zeigt ca. 30 zum Teil sehr großformatige Werke, vor wiegend aus den Jahren 2018–2025 aus 3 unterschiedlichen Serien: Silikonbilder, Lackmalerei und Skulpturen der Dark-Serie. Drühl studierte in den 1990er-Jahren Kunst und Mathematik – in einer Zeit, in der die Postmoderne-Debatte in der Kunstwelt ihren Höhepunkt erreichte. Dieses Diskursfeld bildet das Fundament seiner konzeptuellen Malerei.

Mit seiner unverwechselbaren Bildsprache hinterfragt Drühl, wie wir Natur wahrnehmen und reproduzieren. Seine Landschaften – präzise ausgearbeitet, zugleich offenkundig künstlich – erinnern daran, dass unsere Naturbilder heute zunehmend durch Bildschirme, Algorithmen und kulturelles Gedächtnis geprägt werden, weniger durch unmittelbare Erfahrung. In einer Epoche ökologischer Fragilität und des Klimawandels bieten seine Gemälde und Skulpturen stille Reflexionen über die Landschaften, die wir erleben, die wir digital konsumieren und jene, die wir möglicherweise ver lieren. Ein durchgängiges Merkmal seiner Arbeit ist der Verzicht auf narrative Elemente: Seine Landschaften wirken kühl und distanziert. Menschen tauchen nie auf, und doch verweist ihre Abwesenheit indirekt auf sie. Drühl arbeitet in Serien und kehrt immer wieder zu einzelnen Motiven zurück – verändert Ausschnitte, verschiebt Farben oder überträgt sie in andere Medien, etwa in Neonlicht-Arbeiten.

Drühls künstlerische Praxis beruht auf Re-Interpretation: Er sampelt historische Kunstwerke, digitale Renderings und Fragmente mathematischer Modelle, um Landschaften zu konstruieren, die vertraut erscheinen, jedoch keinen eindeutigen geografischen Ort erkennen lassen. Wie ein DJ Klänge verschiedener Epochen überlagert, remixt Drühl Formen und Ideen. Seine Lackserie zeigt hyperreale Gebirgszüge, Vulkane und Meereslandschaften. Nach computer generierten Vektorgrafiken gemalt, brechen diese hyperrealistischen Werke mit der Tradition der Freilichtmalerei, rufen aber dennoch dieselbe Ehrfurcht und Sehnsucht hervor wie ein fernes Bergmassiv.

Im Gegensatz dazu greift die Silikonserie auf die kunsthistorische Tradition der Landschaftsmalerei zurück. Drühl lässt sich von Künstlern vom 19. Jahrhundert bis heute inspirieren, zitiert und übersetzt deren Naturvisionen in Gemälde mit Öl, Lack und markanten Silikonlinien, in denen seine künstlerische Handschrift erkennbar ist. Diese Arbeiten aus dem Kontext der Appropriation Art thematisieren die Kluft zwischen Natur als Ideal und Natur als vermittelter Konstruktion – gefiltert durch Kultur, Erinnerung und heute auch durch die Datenströme unserer Bildschirme. Ergänzt werden die Gemälde um neue Skulpturen von Bergmassiven. Ausgangsmaterial der Skulpturen der Dark-Serie sind reale Berge, die über Geodaten erstellt werden. Drühl manipuliert die Z-Achse, so dass Berge wie aus Science Fiction- und Fantasy-Welten entstehen, die aber eben noch eine reale Fundierung besitzen. Die Oberfläche ist mit pas toser schwarzer Ölfarbe bearbeitet, so dass die Skulpturen direkt an die Werke der schwarzen Gemäldeserie Drühls anschließen. Der Künstler versteht seine Skulpturen als eine Verlängerung der Malerei in den Raum.

Wie bereits in den beiden vorangegangenen Museumspräsentationen wird auch hier Drühls theoretisches Werk ein bezogen. Der Künstler promovierte in Kunstgeschichte und hat sich als Herausgeber von 13 Bänden des Kunstforum International sowie als Autor zahlreicher kunsthistorischer Aufsätze einen Namen gemacht. Erstmals tritt Drühl auch als Sammler in Erscheinung: Ergänzt werden seine Werke durch eine Auswahl von etwa 25 Gemälden aus seiner sorgfältig aufgebauten Sammlung des 19. Jahrhunderts – mit Positionen von Eugen Bracht und Janus La Cour bis zu Carl Spitzweg. Diese Gegenüberstellung von Werken aus den Jahren 1855 bis 2025 schlägt eine Brücke zwischen dem 19. Jahrhundert und der Gegenwart.

Sven Drühls Landschaften sind weit mehr als Abbildungen der Natur: Sie sind Reflexionen darüber, wie wir sie erin nern, imaginieren und reproduzieren. Sein Werk verbindet das Romantische mit dem Digitalen, das Erhabene mit dem Synthetischen – und lädt dazu ein, die Bedeutung von Natur in Zeiten rasanter technologischer Veränderungen und wachsenden Umweltbewusstseins neu zu denken. Der Künstler eröffnet einen Raum der Kontemplation, in dem sich Schönheit, Erinnerung und die Spur der menschlichen Hand mit den unendlichen Möglichkeiten des Künstlichen begegnen.