Das Museum Europäischer Kulturen (MEK) präsentiert erstmals eine Ausstellung mit Fotografien von Frank Gaudlitz, die in den ehemaligen Sowjetrepubliken Moldau, Georgien und Armenien entstanden sind. Seit 2022 porträtiert Gaudlitz dort gemeinsam mit seinem Team geflüchtete Menschen und dokumentiert ihre persönlichen Lebensgeschichten. Die Ausstellung zeigt rund fünfzig eindrucksvolle Bilder von Menschen in provisorischen Unterkünften – geprägt von Verlust, Unsicherheit und der Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Ergänzt wird die Schau durch eine Projektion mit ausgewählten Arbeiten aus Gaudlitz’ umfangreichem Archiv.
Derzeit befinden sich weltweit über 122 Millionen Menschen auf der Flucht – so viele wie nie zuvor. Unter ihnen sind über zehn Millionen Ukrainer:innen, deren Leben durch den Angriffskrieg Russlands erschüttert wurde. Sie müssen ihr Zuhause verlassen, nachdem Familienmitglieder, Freunde und Nachbarn getötet wurden, ihre Städte in Trümmern liegen und ein Verbleib unmöglich scheint. Zurück bleibt Zerstörung – vor ihnen liegt die Flucht in eine ungewisse Zukunft.
Der Fotograf Frank Gaudlitz reiste in den vergangenen Jahren mehrfach in die ehemaligen Sowjetrepubliken Moldau, Georgien und Armenien – Länder, die seit Februar 2022 besonders viele Geflüchtete aufgenommen haben. Moldau etwa gewährt im Verhältnis zur eigenen Bevölkerung mehr Ukrainerinnen Schutz als nahezu jedes andere Land. Auch Georgien und Armenien – selbst geprägt von russischer Einflussnahme und territorialen Konflikten – nehmen sowohl Geflüchtete aus der Ukraine als auch aus Russland auf. Denn auch Russinnen verlassen ihr Heimatland: unter ihnen Journalist:innen, Künstler:innen, queere Menschen und Kriegsdienstverweigerer. Sie alle konnten nicht länger unter dem autoritären Regime Wladimir Putins leben.
Portraits, Zitate, Interviews – und ein Buch der wünsche
Die Ausstellung im Museum Europäischer Kulturen zeigt zum ersten Mal umfassend das Ergebnis der jahrelangen Arbeit von Frank Gaudlitz. Gemeinsam mit seinem Team portraitierte er Geflüchtete und dokumentierte ihre Lebensgeschichten. Das Ergebnis sind fast fünfzig Fotografien von Menschen in provisorischen Lebensräumen – gezeichnet von Verlust, Unsicherheit und Hoffnung. Ihre Gesichter erzählen von Schmerz und Angst, zugleich aber auch von Mut und Zuversicht. Ergänzt werden die Portraits durch zahlreiche Zitate und Interviews, die alle für ein individuelles Schicksal, das durch Flucht und dem Verlust der Heimat beeinflusst ist, stehen. Zudem wurden die Portraitierten gebeten, ihre Zukunftswünsche in ein Album einzutragen. Dieses Buch der wünsche offenbart auf bewegende Weise, welche Ängste und Hoffnungen die Geflüchteten begleiten.
Komplexe Hintergründe und persönliche Dimensionen von Migration
Die Ausstellung ermöglicht Besucher*innen, abstrakte Zahlen und Statistiken zur globalen Fluchtbewegung mit konkreten Biografien zu verknüpfen. Sie schafft Zugang zu den persönlichen Dimensionen von Migration und regt zur Auseinandersetzung mit den komplexen Hintergründen von Flucht, Exil und Neuanfang in Europa an. Eine ergänzende Projektion zeigt ausgewählte Arbeiten aus Frank Gaudlitz' langjährigem Archiv. Seit 1988 begleitet Gaudlitz fotografisch die gesellschaftlichen Entwicklungen von der Endphase der Sowjetunion bis ins heutige Russland. Seine Arbeiten geben Einblick in politische, soziale und kulturelle Transformationsprozesse sowie in ideologische Kontinuitäten. Die seit der Annexion der Krim im Jahr 2014 andauernden Aggressionen gegen die Ukraine finden in weiten Teilen der russischen Bevölkerung Zustimmung. Wie sich Nationalismus, Imperialismus und Militarismus im heutigen Russland als prägende gesellschaftliche Strömungen etabliert haben, wird in diesen Bildern sichtbar.
Der Fotograf Frank Gaudlitz
Frank Gaudlitz studierte von 1987 bis 1991 künstlerische Fotografie bei Arno Fischer an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig. Seitdem realisiert er umfangreiche Langzeitprojekte, insbesondere in Russland, Osteuropa und Südamerika. Seine fotografischen Arbeiten widmen sich gesellschaftlichen Umbrüchen und deren Auswirkungen auf individuelle Lebensrealitäten. Für sein Werk wurde er mehrfach ausgezeichnet.
















