Die Galerie Guido W. Baudach freut sich, zum Jahresbeginn 2023 die neunte Einzelausstellung von Thomas Helbig mit der Galerie zu präsentieren. Unter dem Titel Machines‘ Trophies zeigt der in Berlin lebende Künstler neue Malereien und Wandobjekte. Die Ausstellung macht deutlich, welch bemerkenswerte Entwicklung Helbigs multidisziplinäre Praxis in jüngster Zeit einmal mehr genommen hat.

So ist etwa sein plastisches Arbeiten zwar nach wie vor von einer höchst charakteristischen Formensprache geprägt und beruht weiterhin auf Assemblagen von gezielt hergestellten Fragmenten ausgewählter Fundstücke, die ihre einheitliche Anmutung erst durch die flächendeckende Übermalung erhalten. Doch während es bislang meist kitschige Dekofiguren waren, die Thomas Helbig in dekonstruktiver Absicht zunächst in Bruchstücke zerlegte, um aus diesen dann mit Hilfe von Schaumkleber und Sprühlack völlig andersartige Erscheinungen entstehen zu lassen, so kommen hier nun vermehrt auch Bauteile von maschinellem und technischem Gerät zum Einsatz.

Die neue Materialität verleiht den Arbeiten eine dezidiert technologische Dimension und erweitert damit gleichzeitig ihren Kontext. Wirkten die Skulpturen zuvor oft wie versteinerte Metamorphosen seltsam-grotesker Wesenheiten, zerklüftete Hybride zwischen Mensch und Tier, so erscheinen sie nun als animistische Verwandlungen modernen Industriedesigns oder gleichsam auch als Totems für KIs. Technik- und Konsumkritik werden hier nicht verhandelt.

Vielmehr verschmelzen in Helbigs Wandobjekten die Verheißungen des Fetischs Fortschritt, wie sie der futuristischen Formgebung der in ihnen verarbeiteten Maschinenteilen innewohnen, mit der Aura quasi-religiöser Transzendenz, welche sich aus ihrer Ähnlichkeit zu rituellen Artefakten unterschiedlichster Herkunft speist; ein Amalgameffekt, der nicht zuletzt über die Aktivierung des kulturellen Bildgedächtnisses der BertrachterInnen funktioniert, und der durch die pointierte Einarbeitung bestimmter Elemente aus Helbigs reichem Fundus an Versatzstücken billigen Deko-Kitschs, etwa dem barock anmutenden Händchen einer Putten-Figur, noch verstärkt wird. Dabei oszillieren die Plastiken beständig zwischen Figuration und Abstraktion.

Gleiches gilt für Helbigs neue Gemälde, in denen ebenfalls einzelne gegenständliche Bildelemente auftauchen, ohne dass diese konkreten Details die Unbestimmtheit des Ganzen signifikant tangieren würden. Etwas Rätselhaftes ist diesen Bildern zu eigen. Sehr weich, beinahe buttrig, kontrastreich und voll feinster Nuancen sind sie in Öl auf Leinwand gemalt. Dunkle, amorphe Körper im Zentrum, die wie Löcher in einem lichten Wolkenhimmel erscheinen, beherrschen die Szenerie. Ihr Schweben evoziert eine seltsam eingefrorene Dynamik, einen komatösen Stillstand des Augenblicks, der allem Anschein nach jedoch jederzeit wieder plötzlich in Bewegung zu geraten vermag. Man sieht sich an bestimmte Tendenzen des Abstrakten Expressionismus erinnert, aber auch an die Malerei des Rokoko. Gleichzeitig umfängt diese Bilder, ebenso wie Helbigs Plastiken, eine spielerische Distanz zu ihren vielfältigen Referenzen und deren Versprechungen. Dahinter steht eine künstlerischen Haltung, wie man sie nicht zuletzt auch von manchen Positionen des Surrealismus her kennt.

Insofern weisen die ausgestellten Gemälde und Wandobjekte auch etwas Kulissenhaftes auf. Als wären sie dem Set eines Fantasy-Films entnommen, einer Zukunftsvision, die Züge längst vergangener Epochen trägt. Dort könnten sie zur Einrichtung eines Tempels gehören, der einem Kult gewidmet ist, den Menschen, Replikanten oder auch andere intelligente Lebensformen womöglich sogar gemeinsam pflegen. In jedem Fall haftet den Arbeiten eine sakrale, magisch-energetische Anmutung an. Und gleichgültig, wie ernst es ihnen damit letztlich ist: In ihrer transformativen Präsenz erscheinen sie buchstäblich zauberhaft, die neuen Plastiken und Malereien von Thomas Helbig.

Thomas Helbig wurde 1967 in Rosenheim geboren. Er hat an der Kunstakademie München und am Goldsmith College in London studiert. Seit Ende der 1990er Jahre lebt und arbeitet Helbig in Berlin. Seine Arbeiten wurden in zahlreichen wichtigen Ausstellungen im In- und Ausland gezeigt. Er ist international in verschiedenen bedeutenden privaten wie institutionellen Sammlungen vertreten. Aktuell ist seine im Jahr 2004 entstandene Skulptur Maschine im Rahmen einer Neupräsentation der Sammlung Moderne Kunst der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen unter dem Titel Mix&Match in der Münchner Pinakothek der Moderne zu sehen.