Hauser & Wirth freut sich, im Januar mit ‘New Paintings’ bereits die vierte Ausstellung mit Zhang Enli in Zürich präsentieren zu dürfen. Die neuen Arbeiten zeichnen die Entwicklung des Künstlers nach – hin zu einer lockereren, freieren Pinselführung. Auch wenn sich der Künstler hier intensiv mit der Abstraktion auseinandersetzt, wurzeln viele dieser Werke in der Gegenständlichkeit und tragen deskriptive Titel.

Zhang Enli wurde ab den 1990er Jahren einem breiteren Publikum bekannt, zuerst durch seine meist symbolhaft, gegenständlichen Bilder und später durch seine Gemälde von Alltagsgegenständen aus seiner Umgebung, wie Behälter, Schläuche und Fliesen. In der darauffolgenden Werkphase verlegte sich sein Fokus auf landschaftliche oder urbane Szenen und Impressionen. Die Trennung zwischen Innen und Aussen wurde hierbei aufgelöst, indem die Verwendung von Farbe sich von ihrem natürlichen Vorbild loslöste und die Dichotomie zwischen Schwere und Leichtigkeit, Dichte und Transparenz aufgehoben wurde.

Die Ausstellung in Zürich konzentriert sich auf die neuesten Ausdrucksformen des Künstlers: Auf der Leinwand ist nicht etwa die wahrheitsgemässe Darstellung eines Objekts oder Menschen zu sehen, sondern dessen Essenz. In neuen Werken wie ‘The Single Mother’ (2019) und ‘The Labourer’ (2019) zeigen sich Palette und Technik in ihrer ganzen Vielfalt – dynamische Pinselstriche werden von bunten Kugeln überlagert, ein deutlicher Hinweis auf die neue Ästhetik des Malers. In den erwähnten Werken projiziert Zhang Enli seine eigenen Anliegen und Erinnerungen auf die Leinwand und vereinigt dabei Reales und Imaginiertes zu höchst persönlichen Impressionen.

Stilistisch stehen die Bilder in enger Verwandtschaft zu seinen dreidimensionalen, unter dem Namen ‘space paintings’ bekannten Arbeiten. Hier malt Zhang Enli direkt auf die Wände und schafft so für den Betrachter eine immersive Umgebung aus Farben und abstrakten Gesten. Zhang Enlis Weg in Richtung Abstraktion führt unmittelbar in diese Ausstellung, die mit ihrem spontanen, sinnlichen Ansatz nicht nur den Arbeitsprozess des Künstlers, sondern auch dessen Themenbereich offenlegt, der sich eher auf Gedanken und Gefühle stützt und weniger auf die taktile, wahrheitsgemässe Nachbildung.

Bilder wie ‘A Young Man’ (2018) lassen eine neu erlangte Dynamik erkennen: Mit Pinsel, Hand oder Lappen werden durchscheinende Farbschichten aufgetragen, während der Vordergrund von leuchtenden Farbklecksen in sommerlichem Gelb, saftigem Grün, Scharlachrot und sattem Schwarz dominiert wird. Ganz ähnlich ist in ‘A Plump Woman’ (2018) eine Lage organisch verschlungener, sich überlagernder Linien in Dunkelgrau, Pflaumenlila und Blassgelb zu sehen, indes die kalkweisse oberste Schicht an die sinnlich-kurvenreiche Silhouette einer Frau denken lässt. Der wogende dünne Pigmentauftrag in diesen Werken mag zwar von der traditionellen chinesischen Pinselmalerei beeinflusst sein, trägt aber dank Farbgebung und durchscheinenden Flecken die unverwechselbare Handschrift des Künstlers und drückt seine innersten Emotionen und Erinnerungen aus. Die in ‘Zhang Enli. New Paintings’ ausgestellten Werke deuten auf ein weiteres unsichtbares Thema hin, wie der Künstler selbst sagt: ‘Ich achte nicht auf den Mainstream, sondern auf die feinen, gern übersehenen Dinge’.

Die neuen Bilder zielen auf eine universelle Erfahrung und Empfindung ab, indem sie einen spezifischen Ort oder eine spezifische Kultur mittels der Auseinandersetzung des Künstlers mit Farbe, Bildkomposition und Emotion transzendieren.

Zhang Enli wurde 1965 in der chinesischen Provinz Jilin geboren. 1989 schloss er sein Studium am Institut für Kunst und Gestaltung an der Technischen Hochschule Wuxi ab und siedelte anschliessend nach Shanghai über, um am Institut für Kunst und Design der Donghua-Universität zu unterrichten – ein Ortswechsel, der seine künstlerische Praxis und malerische Entwicklung entscheidend prägen sollte. Seine Lehrtätigkeit an der Universität führte er bis 2008 fort. Die Bilder von Zhang Enli wurden in zahlreichen wichtigen Ausstellungen gezeigt, darunter Einzelausstellungen in der Galleria Borghese, Rom, Italien (2019); K11 Foundation, Shanghai, China (2019); Firstsite Gallery, Colchester, England (2017); Moca, Taipeh, Taiwan (2015); Villa Croce, Genua, Italien (2013); Institute of Contemporary Arts, London, England (2013); Shanghai Art Museum, Shanghai, China (2011); Minsheng Art Museum, Shanghai, China (2010) und Ikon Gallery, Birmingham, England (2009), eine Ausstellung, die im gleichen Jahr auch in der Kunsthalle Bern zu sehen war.

Zhang Enlis Werk wurde ausserdem an folgenden Orten gezeigt: Kochi-Muziris Biennale, Kochi, Indien (2012); ‘On Contemporary Era – The First Chinese Oil Painting Biennial’, Chinesisches Kunstmuseum, Peking, China (2012); ‘The 6th Curitiba Biennial: Beyond the Crisis’, Instituto Paranaense de Arte’, Curitiba, Brasilien (2011) sowie ‘10,000 Lives. The Eighth Gwangju Biennale’, Gwangju, Korea (2010).