The New Public. Von einer neuen Öffentlichkeit und einem neuen Publikum lautet der Titel der großen Themenausstellung, mit der das Museion – Museum für moderne und zeitgenössische Kunst in Bozen am 14. September sein Herbstprogramm eröffnet. Kuratiert wird diese Ausstellung vom Direktor der Kunsthalle Fridericianum in Kassel, Rein Wolfs, der als Gastkurator des Jahres 2012 im Museion tätig ist.

Zentrales Thema der Ausstellung ist die neue Öffentlichkeit in Alltag, Politik und Kunst, die hier anhand von circa 30 Arbeiten (Installationen, Skulpturen, Zeichnungen, Videos und Performances) untersucht wird. 14 internationale Künstler und Künstlerinnen sind in der Ausstellung mit teils speziell für Bozen entwickelten Werken vertreten: Nina Beier, Rossella Biscotti & Kevin van Braak, Juliette Blightman, Valentin Carron, Matias Faldbakken, Petrit Halilaj, Christian Jankowski, Klara Lidén, Erik van Lieshout, Helen Marten, Metahaven, Danh Vo. Die diskursiv ausgerichtete Ausstellung wird räumlich wie eine öffentliche Arena konzipiert, in der die unterschiedlichen Positionen einander gegenübergestellt und teils auch mit der alpinen Landschaft in Verbindung gebracht werden.

In den letzten Jahrzehnten hat sich die Bedeutung der Öffentlichkeit in der Politik, im Alltag und in der Kunst stark verschoben. So hat im Zuge der neoliberalen Privatisierungen die öffentliche Kontrolle über ökonomische und andere gesellschaftliche Entwicklungen nachgelassen. Die bestehende res publica wurde weitgehend von einer neuen, eher privatwirtschaftlich gesteuerten Weltordnung abgelöst. In der aktuellen Wirtschafts- und Finanzkrise steht diese gesellschaftliche Entwicklung von verschiedenster Seite unter kritischer Beobachtung. Es werden, unter anderem in der Occupy- und in anderen Protestbewegungen, Rufe nach einer neuen Öffentlichkeit, nach einer neuen res publica laut.

Gleichzeitig bekommt die öffentliche Domäne in der aktuellen Gesellschaft einen weitaus größeren Stellenwert. Das Intime wird möglichst gleich veröffentlicht, das Halbausformulierte sofort ausgesprochen und das Unmoralische leicht sanktioniert. Alles steht zur Verfügung und die traditionellen Bildkonsumenten sind zu Bildproduzenten geworden. Zudem hat sich in der zeitgenössischen Kunst die Bedeutung des Publikums verändert. Nicht nur haben sich viele Museen und Kunsthallen auf eine neue Art der Kommunikation, der Öffentlichkeitsarbeit und der Vermittlung eingeschworen – in der künstlerischen und kuratorischen Praxis sind auch neue und ungeahnte Vermittlungsstrategien entstanden. Das Publikum ist zu einem neuen Publikum geworden.

In der Ausstellung The New Public stehen die künstlerischen Äußerungen dieser neuen Öffentlichkeit im Mittelpunkt. Dabei werden das Private und das Öffentliche miteinander konfrontiert (Helen Marten, Erik van Lieshout, Juliette Blightman, Petrit Halilaj, Danh Vo), der scheinbar öffentliche Raum ins Museum versetzt (Matias Faldbakken, Klara Lidén), die Trennlinie zwischen Marktwirtschaft und öffentlicher Kunst thematisiert (Christian Jankowski, Nina Beier, Metahaven) und das Verschwinden und die Monumentalisierung von Ideologien und Religionen (Rossella Biscotti & Kevin van Braak, Valentin Carron) untersucht.

So konserviert die documenta(13)-Teilnehmerin Rossella Biscotti zusammen mit Kevin van Braak die verloren gegangene kommunistische Ideologie in Form einer Bibliothek in Gefangenschaft. Erik van Lieshout hält in einer Reihe von überdimensionierten Zeichnungen das schamlose Interesse der Öffentlichkeit an der Trauer der niederländischen Königin nach dem Skiunfall ihres Sohnes fest. Von Christian Jankowski sind so genannte Living Sculptures zu sehen, sowie seine Installation The Finest Art on Water, in der zwei Luxusyachten zu noch kostbareren Kunstwerken aufgewertet werden. Künstler und Schriftsteller Matias Faldbakken (auch in der documenta(13) vertreten) lässt eine Wand fliesen, mit Graffiti bearbeiten und dann wieder wischen; am 19. September wird zudem in Zusammenarbeit mit Transart eine Theateradaption seines letzten Buches UNFUN im Museion aufgeführt. Juliette Blightman entwickelt eine neue Installation, in der sie ihre Berliner Wohnung mit der Südtiroler Berglandschaft kontrastiert. San Keller produziert speziell für die Ausstellung seine Performance Meet the Others, bei der er Bozner und Boznerinnen sowohl während der Langen Nacht der Bozner Museen, wie auch am 12.12.2012 miteinander in Kontakt bringt. Das Amsterdamer Research- und Designkollektiv Metahaven entwickelt eine raumgreifende Installation, in der politisch brisante Themen subtil aber plakativ behandelt werden.

Künstlerinnen und Künstler 
Nina Beier (1975, Aarhus, DK); Rossella Biscotti & Kevin van Braak (Rossella Biscotti, 1978, Molfetta, I / Kevin van Braak, 1975, Warnsveld, NL); Juliette Blightman (1980, Farnham, UK); Valentin Carron (1977, Martigny, CH); Matias Faldbakken (1973, Hobro, DK); Petrit Halilaj (1986, Kostërrc, Skenderaj-Kosovo); Christian Jankowski (1968, Göttingen, D); San Keller (1971, Bern, CH); Klara Lidén (1979, Stockholm, S); Erik van Lieshout (1968, Deurne, NL); Helen Marten (1985, Macclesfield, UK); Metahaven (Kollektiv gegründet 2006 in Amsterdam von Vinca Kruk und Daniel van der Velden); Danh Vo (1975, Bà Rịa, VN).

Museion
Dantestr. 6
Bozen 39100 Italien
Tel. + 39 0471 223413
Fax + 39 0471 223412
info@museion.it
www.museion.it

Öffnungszeiten
Dienstag – Sonntag 10 – 18 Uhr
Donnerstag 10 – 22 Uhr

Tickets
Vollpreis 6,00 €, ermäßigt 3,50 €.
Freier Eintritt: Donnerstag von 18 – 22 Uhr, kostenlose Führung um 19 Uhr.
Das Erdgeschoss (Museion Passage) ist frei zugänglich.