Die Stadt Danzig, heute Gdańsk, steht als eine der bedeutendsten Städte des Zweiten Weltkriegs im kollektiven Gedächtnis – zumindest für die Menschen, die dort leben. Darüber hinaus besitzt die Stadt eine wunderschöne Altstadt, die nach der Zerstörung des zweiten Weltkrieges rekonstruiert wurde. Viele Touristen kommen nach Gdańsk um mehr über die Geschichte dieser Stadt zu erfahren, die von Bewohnern als „bedeutendste Stadt des Zweiten Weltkrieges“ bezeichnet wird. Viele verbinden mit dieser Stadt nicht nur die Ereignisse des deutschen Übergriffs auf Polen 1939, sondern auch die Geschichte eines mutigen Widerstands. Es gibt nämlich einen besonderen Ort in Danzig: Ein Postamt. Dieses Postamt wurde im September 1939 zu einem Symbol des polnischen Widerstandes gegen die deutsche Aggression. Warum jedoch gerade ein Postamt? Und welche Bedeutung hat es heute? Ein Blick zurück auf die Geschichte des „Gefecht um das polnische Postamt“ in Gdańsk wird diese Fragen beantworten.

Warum ein Postamt?

Danzig war zu Beginn des Zweiten Weltkriegs kein gewöhnliches polnisches Gebiet, sondern stand als Freie Stadt unter besonderem völkerrechtlichem Status. Zwischen den beiden Weltkriegen befand sich die Stadt unter der Aufsicht des Völkerbundes, nachdem sie von deutschen Gebieten abgetrennt wurde, und ihre Verwaltung war in den Händen der internationalen Gemeinschaft. Zwar wohnten mehrheitlich Deutsche in der Freien Stadt, die auch häufig gegen die Abtrennung von Deutschland protestierten, jedoch hatte Polen das Recht, in Danzig eigene Postämter zu betreiben und militärische Einrichtungen zu unterhalten.

Dieser besondere Status führte zu Spannungen zwischen der polnischen und der deutschen Bevölkerung, da sich das Deutsche Reich die Rückkehr der Stadt zu seinem Territorium wünschte. Es war der 1. September 1939, als sich das polnische Postamt in Danzig als das erste Ziel der deutschen Aggression herausstellte. An diesem Tag versuchte die deutsche Wehrmacht, mit Unterstützung der Danziger Polizei und der SS, das Postgebäude gewaltsam zu erobern. Polen hatte sich auf einen deutschen Angriff vorbereitet, und das Postamt war einer der letzten verbliebenen Orte, an dem polnische Truppen und Zivilisten Widerstand leisten konnten.

Der Heldentod der Verteidiger

An diesem Tag waren insgesamt 58 Menschen im Postamt stationiert, darunter auch die 11-jährige Erwina Borzychowska. Sie war die Pflegetochter von Margorzata Pipka, der Frau des Hausmeisters des Postamts. Die Bevölkerung in Gdańsk erzählt heute noch die Geschichte des 1. Septembers 1939 und will sich daran erinnern. Die polnischen Postangestellten, viele von ihnen mit Waffen ausgerüstet, kämpften gegen die überlegenen deutschen Angreifer. Mit Pistolen, Handgranaten und Maschinengewehren verteidigten sie sich, und das 14 Stunden lang. Doch es war natürlich ein sehr ungleicher Kampf. Schließlich setzten die deutschen Truppen Sprengladungen ein, um das Gebäude zu durchbrechen. Erst nach der vierten Angriffswelle, als die Verteidiger geschwächt waren, mussten sie sich die polnischen Mitarbeiter des Postamts ergeben.

Die Entscheidung zur Kapitulation kam, als die Deutschen den Keller des Postamts mit Benzin fluteten und das Gebäude anzündeten. Dabei verbrannten fünf Menschen, darunter auch die junge Erwina. Das war also das Ende des Widerstandes an diesem Tag. Als der Direktor des Postamts, Jan Michon, versuchte, mit einem weißen Laken zu signalisieren, dass die Verteidiger aufgaben, wurde er von einem deutschen Schützen sofort tödlich getroffen. Insgesamt wurden 27 Menschen, darunter auch Margorzata Pipka, inhaftiert und von einem deutschen Militärgericht zum Tode verurteilt. Die Schüsse, die sie trafen, waren nicht nur das Ende eines einzelnen Lebens, sondern ein trauriger Teil der Geschichte des Zweiten Weltkriegs: Es war das erste Militärgerichtsurteil des Krieges.

Die späte Gerechtigkeit

Die tragische Geschichte des Postamts und seiner Verteidiger wurde Jahrzehnte lang von vielen vergessen. Erst in den 1990er Jahren wurden bei Bauarbeiten auf dem Gelände die Überreste der hingerichteten Postangestellten gefunden. Die Taten wurden in der Folge von der internationalen Gemeinschaft thematisiert, doch die Täter – allen voran Dr. Kurt Bode, der deutsche Richter, der die Todesurteile fällte – wurden nie zur Rechenschaft gezogen. Eine Schadensersatzklage, die von der Witwe eines der Opfer eingereicht wurde, scheiterte in den 1970er Jahren. Bode starb 1979 ohne jemals für seine Taten bestraft worden zu sein. Heute jedoch, 80 Jahre nach den dramatischen Ereignissen, wird das polnische Postamt als ein Symbol des Widerstands gefeiert. Das Gebäude selbst, das im Jahr 1979 als Museum eröffnet wurde, erinnert an die heldenhaften Verteidiger und die Grausamkeit, die ihnen widerfahren ist. Im Jahr 2000 wurden die Hinterbliebenen der Opfer von der Bundesrepublik Deutschland entschädigt.

Die Bedeutung heute

Warum ist es wichtig, an solche Ereignisse zu erinnern? In einer Welt, in der immer wieder Konflikte aufbrechen, ist das Gedächtnis an den Widerstand von Danzig ein Mahnmal, dass Gewalt und Kriege nicht nur Zerstörung bringen, sondern auch Menschenleben fordern und das Leben ganzer Generationen prägen. In Zeiten, in denen rechtsextreme Strömungen in vielen Teilen der Welt wieder erstarken, ist es sehr wichtig, dass wir uns an die Opfer und Helden des Zweiten Weltkriegs erinnern. Ihre Geschichten dürfen nicht in Vergessenheit geraten. In Gdańsk trifft sich heute jedes Jahr am 1. September eine Gruppe von Stadtbewohnern und Interessierten, um die Ereignisse von 1939 zu gedenken. Es ist ein stiller Moment des Nachdenkens, des Trauerns, aber auch des Widerstands gegen das Vergessen.

Der Widerstand in Danzig zeigt uns, dass Helden nicht immer in Schlachten auf großen Feldern stehen, sondern auch in den kleinen, oft unscheinbaren Momenten des Widerstands. In einer Zeit, in der der Zweite Weltkrieg zunehmend von der jüngeren Generation als vergangene Geschichte betrachtet wird, ist es wichtiger denn je, diese Geschichten lebendig zu halten. Das Postamt von Gdańsk ist nicht nur ein Monument aus der Vergangenheit, sondern ein lebendiger Teil der Erinnerung – und es erinnert uns an die Wichtigkeit, uns für Frieden und Gerechtigkeit einzusetzen.

Quellen

1.Denkmal für die Verteidiger des Polnischen Postamts.
2.Danzig - Polnische Post.