1968 steht für Aufbruch, Revolte und Befreiung, für eine bewegte Periode weltweiten Protests, für die Demontage autoritärer Strukturen und für alternative Gesellschaftsentwürfe. Die Veranstaltungsreihe Gemeinsame Wagnisse fragt an sechs Wochenenden zwischen Mai und Dezember danach, wie es heute um die gesellschaftspolitischen Errungenschaften und Forderungen der 68er-Bewegungen bestellt ist. Teilnahme bei freiem Eintritt.

Die Kämpfe um Emanzipation und Gleichstellung, Bürger_innenrechte und Partizipation, Demokratisierung und Öffnung von Institutionen haben zweifellos nachhaltige Veränderungen bewirkt. Die Welt ist eine andere geworden, dennoch sind manche Erwartungen und Hoffnungen unerfüllt geblieben und heute noch Gegenstand gesellschaftlicher Auseinandersetzungen. Unmittelbar darauf folgte die (selbst-)kritische Hinterfragung der Ereignisse wie auch ihre historische und kulturwissenschaftliche Aufarbeitung. Gleichzeitig wurden zentrale Ideale neoliberal vereinnahmt und das revolutionäre 68 von neokonservativen Kreisen zum imaginären Feind erklärt. Sie fordern, „den Geist von 68 zu liquidieren“ und den Epochenbruch rückgängig zu machen.

Vor diesem Hintergrund stellt die Veranstaltungsreihe Gemeinsame Wagnisse – weder naiv noch zynisch – Fragen wie: Wo ist der gesellschaftsverändernde Geist von 1968 geblieben? Was bedeutet Öffentlichkeit heute? Wie lässt sich utopisches Denken neu erfinden? Ist das Gesellschaftsmodell der pluralistisch-repräsentativen Demokratie noch zu retten? Was können wir von emanzipatorischen Bewegungen im Feminismus lokal und transnational lernen?

Jenseits eines eher rückwärtsgewandten Deutungsstreits, was 1968 eigentlich gewesen sei, werden brennende Fragen der Gegenwart verhandelt, die von einer Krise der Demokratie, vom Erstarken autoritärer Kräfte und von der Infragestellung emanzipatorischer Errungenschaften geprägt ist. Der Titel Gemeinsame Wagnisse ist dabei durchaus programmatisch gemeint: In einer Atmosphäre der Gastfreundschaft und der Gemeinschaftlichkeit treffen Akteurinnen, Expertinnen, Museumsbesucherinnen, Flaneurinnen, Interessierte und Engagierte aufeinander, um darüber nachzudenken, was es heute bedeutet, ein gemeinsames Wagnis einzugehen.

Die Reihe umfasst Filmvorführungen, Lesungen, Performances und Lectures, geladene und offene Diskussionsrunden, Workshops und Konferenzen. Die meist mehrtägigen Veranstaltungen mit unterschiedlichen Programmelementen widmen sich je einem Schwerpunkt. Das Ineinandergreifen dieser inhaltlich und formal variierenden Elemente schafft eine spezifische Form der Erfahrung von Inhalt und Gemeinschaftlichkeit, die wesentlich den Charakter der „gemeinsamen Wagnisse“ ausmachen soll. Die Teilnahme an allen Veranstaltungen der Reihe ist bei freiem Eintritt möglich.

Als Veranstaltungsorte dienen das Blickle Kino sowie ein Bereich des Foyers im Belvedere 21. Für diesen realisieren die Künstlerinnen Cäcilia Brown, Noële Ody und Maruša Sagadin skulpturale und zugleich funktionale Objekte, die den verschiedenen Situationen des Zusammenkommens eine Form geben. Das visuelle Erscheinungsbild der Reihe gestaltet der rumänische Künstler Dan Perjovschi, dessen Zeichnungen pointiert, humorvoll und oft mit beißender Ironie den Zustand unserer Lebenswelt einfangen und kommentieren.