Olivia Kaiser ist Malerin. Was sie beschäftigt, das bearbeitet sie mit den Mitteln der Malerei. Malerei als Mittel der Reflexion, als Erkenntnismedium.

Diese konsequente Wahl der klassischen Gattung der Malerei mag bei einer Künstlerin verwundern, in deren familiären Herkunftsmilieu Kunst mit Aufklärung konnotiert und in interdisziplinärem Austausch zwischen den bildenden Künsten, Literatur und Lyrik - der bewussten Positionierung in den Konflikten der Gegenwart - verpflichtet ist. Die Beschränkung auf das Instrumentarium der Malerei und das Desinteresse an medialen Grenzüberschreitungen manifestiert vielmehr ihren Willen zur Konzentration.

Die Energie, mit der die Künstlerin die Auseinandersetzung mit der inneren wie äußeren Realität malerisch vorantreibt, ist schon in den Bildern aus früheren Jahren spürbar: komplex und dicht, die Formen ineinander drängend, in intensiven, tiefen Farben gehalten, völlig abstrakt komponiert. Der Rhythmus in der Abfolge und Zuordnung unterschiedlich ausgedehnter, unregelmäßiger Farbflächen, ihr Ineinandergreifen, Miteinanderverwachsen und scharfes Gegeneinanderstehen, verbunden manchmal und durchbrochen durch graphische, auch figurative Elemente, scheint das entscheidende dynamische, bildgenerative Moment zu sein.

Etwas Überraschendes haben nun ihre neuen Bilder, die all das fortsetzen, aber malerisch einen Szenenwechsel vollziehen. Das Kolorit ist oftmals deutlich aufgehellt – wodurch die Kontraste zu dunkleren Partien umso deutlicher werden. Ein gestischer Duktus bricht die Farbflächen innerlich auf. Gelegentlich lassen lockere graphische Skizzen oder Schraffuren den weißen Hintergrund durchscheinen. Die formalen Antagonismen der Bildelemente verfugen diese in Verhältnissen, in denen - man denkt an die Olivia Kaiser so teuren Symphonien Gustav Mahlers - die Sehnsucht nach Zusammenklang und die Intensität der Dissonanz sich gegenseitig steigern.

Die Bilder ähneln unregelmäßig im imaginären Raum verteilten Spiegeln. Zwischen den Fluchtpunkten der fragmentierten Perspektiven wandert der Betrachter umher.