Bildung wird weithin als Grundpfeiler der Demokratie angepriesen - ein Instrument, mit dem Gesellschaften aufgeklärte Bürger schaffen, sich gegen Tyrannei schützen und die Beteiligung an der Entscheidungsfindung erleichtern. Seit der Aufklärung wird Bildung als ein öffentliches Gut und ein Gebot der Politik verstanden. Philosophen wie Immanuel Kant vertraten die Ansicht, dass die Bürger es "wagen müssen, zu wissen" und sich von geistiger Unterordnung emanzipieren müssen. Dieser frühe Gedanke – dass die Bürger gebildet sein müssen, damit sie sich sinnvoll in die Demokratie einbringen können - prägte die demokratischen Revolutionen des 18. und 19 Jahrhunderts.

Heute besteht dieses Ideal in der allgemein verbreiteten Überzeugung fort, dass Bildung das Gegenmittel gegen Populismus, Extremismus und politische Polarisierung ist. Politiker, Pädagogen und Intellektuelle äußern oft die Ansicht, dass "die Menschen besser wählen würden, wenn sie nur besser verständen". Diese Annahme lässt jedoch tiefere Zusammenhänge außer Acht. Sie vernachlässigt sowohl die strukturellen Grenzen moderner Gesellschaften als auch die psychologischen Dimensionen des politischen Verhaltens. In diesem Beitrag werden die historischen Ursprünge der Bildung als demokratisches Instrument und ihre Limitationen angesichts der Herausforderungen der modernen Welt kritisch beleuchtet. Er setzt sich kritisch mit Joseph Schumpeters Demokratietheorie auseinander, in der die Rationalität des gemeinen Wählers in Frage gestellt wird, und erörtert die Rolle der Bildung in Zeiten von zunehmendem Populismus, Identitätspolitik und Geopolitik. Dies wiederum veranlasst zu der Frage, inwieweit die vorherrschende Moralisierung der Bildung die Demokratie fördert – oder unmerklich schwächt.

Die Aufklärung und das Versprechen der Demokratie im Bildungswesen

Die Zeit der Aufklärung signalisierte einen Wandel in der Auffassung der Gesellschaft über die Funktion der Bildung. Philosophen wie Rousseau, Kant und Condorcet vertraten die Ansicht, dass Bildung die Entwicklung von Vernunft, Autonomie und Bürgersinn zum Ziel hat. Kants berühmtes „Sapere aude!“ - „Wage es zu wissen!“ – fasst das Ethos einer Epoche zusammen, die die Menschen von Unwissenheit und Despotie befreien wollte. In einem solchen Ethos bestand Bildung aus mehr als dem Erlernen von Fertigkeiten oder Wissen – als Mittel zur Entwicklung der geistigen Raffinesse, die für demokratisches Engagement grundlegend erforderlich ist.

Diese Vision wurde im revolutionären Frankreich zur politischen Realität, wo Bildung als eine Säule der republikanischen Bürgerschaft angesehen wurde. Die Idee war, dass gebildete Bürgerinnen und Bürger nicht auf Demagogen oder falsche Propheten hereinfallen würden; stattdessen würden sie politische Forderungen rational bewerten und Führer wählen, die den allgemeinen Willen am besten repräsentierten. Öffentliche Bildung wurde somit nicht nur zu einer sozialpolitischen Maßnahme, sondern zu einem Gebot des Gemeinwohls.

Im Laufe der Zeit ging dieses Ideal über seine französischen Ursprünge hinaus und wurde in den demokratischen Geist der modernen liberalen Staaten integriert. Die Vorstellung, dass Bildung die Bevölkerung gegen Tyrannei immunisieren und eine intelligente Bürgerschaft hervorbringen würde, ist seither ein Eckpfeiler der demokratischen Theorie. Doch diese – wenn auch edle – Vorstellung sollte angesichts der empirischen Realität und der politischen Theorie kritischer überprüft werden. Denn: Es gab nie – und gibt nach wie vor – kein autoritäres System, das von „Dummen“ etabliert, manifestiert und geführt wird. Gerade diese Erkenntnis bildet eine Brücke zu jenen Theorien, die die reale Funktion von Bildung im demokratischen Prozess weniger idealisieren, sondern in ihrer Begrenztheit ernst nehmen – wie etwa die Demokratietheorie von Joseph Schumpeter, mit der sich der folgende Abschnitt befasst.

Schumpeter und die Grenzen rationaler Demokratie

Im Gegensatz zum Ideal der Aufklärung hatte Joseph Schumpeter eine ernüchternde Sicht auf das demokratische Engagement. In seinem einflussreichen Werk "Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie" argumentiert er, dass der typische Bürger weder die Zeit noch die intellektuellen Ressourcen habe, um die Feinheiten moderner Regierungsführung zu verstehen. Politik sei für die meisten ein abstrakter, entfernter Prozess. Ihre Ansichten entstünden daher weniger aus rationaler Analyse, sondern aus Emotionen, Identitäten und vereinfachenden Narrativen.

Vor allem aber betont Schumpeter, dass demokratische Beteiligung auch an materielle Ressourcen wie Zeit und Geld gebunden ist. Wenn diese fehlen, ist politische Partizipation kein selbstverständliches Recht, sondern ein Privileg. Die wirtschaftlichen Anforderungen des Alltags verschlingen häufig die Kapazitäten, die für aktive politische Teilhabe notwendig wären. Damit verweist Schumpeter auf eine zentrale Grenze jener Idee, dass Bildung allein die politische Gleichheit herzustellen vermöge.

Aus dieser Sichtweise entwickelte er ein minimalistisches Modell der Demokratie: Demokratie ist kein deliberativer Prozess unter mündigen Bürgern, sondern ein Wettbewerb politischer Eliten um Zustimmung. Die Bürger wählen aus vorgefertigten Programmen, ähnlich wie aus Produkten in einem Supermarkt – nicht, weil sie alles durchdringen, sondern weil sie pragmatisch auswählen. Dieses Modell stellt die weit verbreitete Vorstellung infrage, dass mehr Bildung automatisch zu besseren demokratischen Entscheidungen führt. Auch hochgebildete Bürger stimmen keineswegs zwingend sachlich ab – sie unterliegen Gruppendenken, kognitiven Verzerrungen oder folgen emotionalen Mustern. Bildung allein schützt nicht vor Demagogie.

Damit lenkt Schumpeters Theorie den Blick weg vom Ideal und hin zur Realität: Populismus etwa ist nicht bloß eine Pathologie der Unwissenheit – sondern oft eine demokratisch legitimierte Antwort auf Entfremdung, Unzufriedenheit oder Identitätsfragen. Bildung kann populistische Dynamiken mildern, doch sie ersetzt weder politisches Vertrauen noch soziale Einbindung. In diesem Licht erscheint Bildung als notwendiger, aber nicht hinreichender Bestandteil demokratischer Resilienz. Um dieser Erkenntnis gerecht zu werden, muss ihre Rolle im Kontext politischer, sozialer und wirtschaftlicher Bedingungen gedacht werden – nicht losgelöst davon.

Die Moralisierung der Bildung und das Aufkommen der „Wokeness“

Der Anschluss an Schumpeters skeptischen Realismus zeigt: Bildung allein schafft keine demokratische Immunität. Doch in der Gegenwart verschiebt sich die Debatte noch weiter – hin zu einer Politisierung der Bildung selbst. In den letzten Jahren ist Bildung zunehmend zum Austragungsort ideologischer Kämpfe geworden. Die Ausbreitung der sogenannten „Wokeness“ in Schulen und Universitäten hat die Funktion von Bildung verändert – vom offenen Raum der Erkenntnissuche zum moralpädagogischen Lehrraum.

Unter ‚Wokeness‘ soll hier jene Entwicklung verstanden werden, bei der ursprünglich progressive Anliegen – wie soziale Gerechtigkeit, Inklusion oder antirassistische Bildungsinhalte – in einen normativen Absolutismus umschlagen, der abweichende Perspektiven nicht mehr als legitime Beiträge, sondern als moralisch verwerflich einstuft. Zwar verfolgen diese Tendenzen vielfach ehrenwerte Ziele – und das mit nachvollziehbarer Dringlichkeit. Doch indem sie den Raum der Debatte verengen, wird die argumentative Auseinandersetzung durch moralische Bewertung ersetzt. Abweichende Meinungen gelten zunehmend nicht mehr als diskussionswürdig, sondern als Ausdruck persönlicher oder ethischer Verfehlung.

Diese "Moralisierung" hat erhebliche Auswirkungen auf demokratische Prozesse. Wo Bildung ideologisch aufgeladen wird, geht Pluralismus verloren. Wo das Ringen um Argumente durch moralische Eindeutigkeit ersetzt wird, verlernt die Gesellschaft die Fähigkeit zum Dialog. Die Folge: Polarisierung, Konformitätsdruck – und letztlich politische Radikalisierung. Ein anschauliches Beispiel dafür lieferte die COVID-19-Pandemie. Kritische Fragen zu Maßnahmen oder wissenschaftlicher Evidenz wurden vielerorts nicht als legitime Beiträge, sondern als moralisches Versagen gewertet. Wer abwich, galt nicht als Diskussionspartner, sondern als Gefahr. In der Folge wuchs das Misstrauen gegenüber Institutionen, die sich vormals als neutrale Instanzen verstanden hatten.

Besonders brisant: Diese Entwicklung verstärkt womöglich genau jene Kräfte, denen sie entgegenwirken will. Populistische Bewegungen leben von dem Gefühl, ausgeschlossen und stigmatisiert zu werden. Wenn Bildung nicht mehr als Raum der offenen Auseinandersetzung erscheint, sondern als ideologisches Korsett, treibt das Menschen in die Arme derjenigen, die einfache Antworten und Anerkennung versprechen. Dabei liegt die Stärke demokratischer Bildung gerade im Aushalten von Widerspruch. Sie lebt vom Respekt vor Differenz, nicht von normativer Einheit. Sie sollte lehren, wie man argumentiert – nicht, was man zu denken hat. Wo diese Prinzipien vernachlässigt werden, gerät Bildung in Widerspruch zu ihrem eigenen demokratischen Anspruch.

Geopolitische und sicherheitspolitische Grenzen des Bildungsoptimismus

Die bisherige Analyse hat gezeigt, wie sehr sich Bildung – insbesondere in ihrer moralisierenden und politisierten Ausprägung – selbst unter Druck setzt. Doch jenseits dieser innergesellschaftlichen Dynamiken stößt der Bildungsoptimismus auch an seine Grenzen, wenn man den Blick auf die internationale Ebene richtet. Denn Bildung allein kann strukturelle, strategische und geopolitische Realitäten weder aushebeln noch ersetzen.

Obwohl Bildung nach wie vor eine Kraft ist, die den Einzelnen befähigt und das bürgerliche Leben fördert, ist ihr Potenzial, geopolitische Ergebnisse zu beeinflussen, begrenzt. Bildung ist nicht geeignet, um komplexe globale Herausforderungen zu bewältigen, die vom Terrorismus und dem Aufstieg des Autoritarismus bis hin zur Verbreitung von Desinformation und dem Kampf gegen hybride Kriegsführung reichen. Diese sicherheitspolitischen Herausforderungen beruhen weder auf Unwissenheit noch auf Missverständnissen, sondern auf strategischen Interessen, Ideologie und historischem Unmut, der sich nicht im Klassenzimmer abspielen kann. Aufklärungskampagnen können Bewusstsein schaffen, aber sie können Realpolitik, Geheimdienstarbeit oder militärische Abschreckung nicht ersetzen.

Außerdem muss der utopische Glaube, dass Bildung den Frieden und die Verständigung fördert, gegen die empirischen Beweise abgewogen werden, die zeigen, dass Gesellschaften und Individuen mit hohem Bildungsstand keineswegs immun gegen nationalistischen Extremismus, Fremdenfeindlichkeit oder Gewalt sind. Einige der verheerendsten politischen Bewegungen der Geschichte wurden von Führern angeführt, die alles andere als Analphabeten waren.

Dies offenbart die Schwäche des liberalen pädagogischen Optimismus: Demokratische Ideale können unterrichtet werden, aber sie triumphieren nicht automatisch. Sie müssen bewahrt werden – manchmal mit pragmatischen und gewaltsamen Mitteln. Demokratische Gesellschaften müssen erkennen, dass Bildung zwar wichtig ist, aber nur eine Waffe unter vielen im Kampf um internationale Stabilität und innere Einheit darstellt. In einer solchen Perspektive kann der Glaube an Bildung als Allheilmittel die Aufmerksamkeit von den Anforderungen einer harten Strategie ablenken. Wenn man sich zu sehr auf die Bildung als Instrument der „Soft Power“ verlässt, kann dies sogar zur Selbstgefälligkeit verleiten, da die demokratischen Gesellschaften dann (offenbar) schlecht auf Akteure vorbereitet sind, die nach völlig anderen Regeln spielen.

Noch besorgniserregender ist jedoch die Art und Weise, in der Gegner gerade die Offenheit liberaler Bildungssysteme als Waffe in der hybriden Kriegsführung einsetzen. Autoritäre Akteure nutzen die Redefreiheit und die Offenheit für Ideen in liberalen Gesellschaften, um den öffentlichen Diskurs mit Hilfe von Desinformation, Cybersecurity-Kampagnen und kultureller Manipulation mit Zweifeln, Spaltung und Lähmung zu überziehen. Der Krieg in der Ukraine ist ein anschauliches Beispiel: Während die liberalen Demokratien sich scheuen, ihre Werte allzu aggressiv zu verteidigen – sie berufen sich eher auf wirtschaftliche Abhängigkeiten oder interne Streitigkeiten – nutzen ihre Gegner diese moralische Unentschlossenheit aus – indem sie gezielt Lücken in der politischen Entschlusskraft westlicher Demokratien ausnutzen, Narrative unterwandern und dadurch den Handlungsspielraum ihrer Kontrahenten einschränken.

Ein Beispiel dafür sind russische Desinformationskampagnen, die etwa durch automatisierte Bot-Netzwerke in sozialen Medien oder das gezielte Sprayen politisch aufgeladener Slogans im öffentlichen Raum Spannungen anheizen. So wurde etwa der Israel-Palästina-Konflikt in mehreren europäischen Städten genutzt, um bestehende gesellschaftliche Gräben – etwa entlang von Migrations- oder Religionsfragen – zu vertiefen und die Debattenkultur weiter zu polarisieren.

Bürger, die in einem Ethos des liberalen Relativismus geschult sind, können eine aggressive Verteidigungspolitik nur schwer verantworten, wenn sie im Widerspruch zu Idealen der Gewaltlosigkeit oder des Friedens zu stehen scheint. Doch in einer Welt, in der Gewalt nicht verschwunden ist, reicht Bildung allein nicht aus. Es braucht auch strategisches Denken, realpolitische Wachsamkeit und Wehrhaftigkeit.

Liberalismus, Pluralismus und die Verletzlichkeit freier Meinungsäußerung Wenn liberale Demokratien den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts standhalten wollen, müssen sie einen ihrer grundlegendsten Werte neu bekräftigen: die Freiheit des Denkens und der Meinungsäußerung. Gute Bildung bedeutet nicht, Menschen vorzuschreiben, was sie denken sollen, sondern ihnen beizubringen, wie man denkt – differenziert, kritisch und offen. Dazu gehören intellektuelle Bescheidenheit, die Fähigkeit zur Empathie sowie der respektvolle Umgang mit Meinungsverschiedenheiten, selbst wenn sie unbequem sind.

Genau diese liberalen Tugenden geraten allerdings zunehmend unter Druck – und das ausgerechnet innerhalb jener Systeme, die sie eigentlich verteidigen sollten. Cancel Culture, ideologische Blasen („Echo Chambers“) in sozialen Medien und ein wachsender Konformitätsdruck führen dazu, dass Widerspruch nicht diskutiert, sondern sanktioniert wird. In Schulen und Universitäten zeigt sich das besonders deutlich: Es passiert regelmäßig, dass manche vermeiden, ihre echte Meinung zu äußern – aus Angst vor sozialer Ausgrenzung oder beruflichen Nachteilen. Was eigentlich ein Ort der Debatte sein sollte, wird zunehmend zum Raum der Selbstzensur.

Gleichzeitig untergräbt die zunehmende Moralisierung von Bildung den Pluralismus, auf dem liberales Denken beruht. Wenn jede Abweichung als moralischer Fehltritt gilt und Diskussion durch moralische Gewissheit ersetzt wird, verliert unsere Gesellschaft die Fähigkeit zur Korrektur und zum Wandel. Liberalismus ist nicht Gleichmacherei, sondern der Versuch, mit Widersprüchen zu leben – Institutionen zu schaffen, die unterschiedliche Weltanschauungen aushalten können, ohne gleich in Feindbilder und Zwang zu verfallen. Das eigentliche Paradox ist offensichtlich: Im Namen von Gerechtigkeit und Inklusion werden gerade jene Stimmen ausgegrenzt, die den Diskurs bereichern könnten. Wenn Bildung hier nicht umdenkt und zu ihren liberalen Ursprüngen zurückfindet – als Ort des Suchens, Streitens und Aushaltens –, dann droht sie, mehr zu beschädigen als zu bewahren.

Das Spannungsfeld von Bildung und Demokratie

Bildung galt lange als Fundament der Demokratie: als Weg zu mündigen Bürgerinnen und Bürgern, zu verantwortungsvollen Entscheidungen und zu gesellschaftlichem Zusammenhalt. Von den Idealen der Aufklärung bis hin zu modernen liberalen Demokratien beruhte vieles auf der Hoffnung, dass mehr Bildung automatisch zu mehr Demokratie führe. Doch wie dieser Text zeigt, ist dieses Verhältnis alles andere als einfach – und schon gar nicht immun gegen Fehlentwicklungen.

Joseph Schumpeter hat in seiner Kritik an der realen Demokratie früh darauf hingewiesen, dass politisches Handeln nicht nur vom Wissen abhängt, sondern auch von Zeit, Ressourcen und psychologischen Faktoren. Populismus ist deshalb kein Betriebsunfall, sondern oft eine logische Folge politischer Entfremdung. Die Annahme, Bildung könne allein vor populistischen oder extremen Tendenzen schützen, greift zu kurz. Hinzu kommt: Je mehr sich Bildung selbst ideologisch auflädt, desto eher läuft sie Gefahr, zum Gegenteil dessen zu werden, was sie sein will. Sie schließt aus, wo sie einbinden sollte. Sie belehrt, wo sie zum Nachdenken anregen müsste. Universitäten und Schulen drohen, Orte des freien Denkens gegen Echokammern des Konsenses einzutauschen.

Besonders beunruhigend ist, dass diese Entwicklung nicht nur von außen – etwa durch hybride Bedrohungen oder autoritäre Einflüsse – begünstigt wird. Sie kommt aus dem Inneren der Gesellschaft. Dort, wo Widerspruch mit moralischer Schuld gleichgesetzt wird, gerät der demokratische Diskurs ins Wanken. Wir sollten aufhören, Bildung als Allheilmittel zu verklären. Sie ist wichtig – keine Frage. Aber sie ist nicht alles. Wirklich demokratische Bildung bedeutet, den offenen Diskurs auszuhalten, Werte zu vertreten, ohne ins Rechthaberische zu verfallen, und die Kraft zum Kompromiss als Stärke zu begreifen – nicht als Schwäche. Andernfalls droht Bildung, nicht mehr Schutzraum der Demokratie zu sein, sondern zu ihrer elegantesten Schwachstelle zu werden.

Oder, wie C. S. Lewis es treffend formulierte: „If you don’t believe in the freedom of speech for those you despise, you don’t believe in it at all.“ Zu Deutsch: „Wer Meinungsfreiheit nur für Gleichgesinnte gelten lässt, hat ihren Sinn nicht verstanden.“ Unsere Meinungsfreiheit endet nur dort, wo zur Gewalt aufgerufen wird – nicht dort, wo es unbequem oder gar beleidigend wird. Eine gebildete und pluralistische Demokratie muss das aushalten können – sonst schafft sie sich selbst ab.