Das polnische Designerduo chmara.rosinke hat in den letzten zehn Jahren ein umfangreiches Oeuvre geschaffen, in dem sie ein Thema erstaunlich oft bearbeitet haben: die Küche. Das Berliner Kunstgewerbemuseum widmet diesen Projekten nun erstmals eine eigene Ausstellung.

Die präsentierten Projekte machen vor allem eines deutlich: chmara.rosinke spielen mit den gängigen Vorstellungen, die wir häufig mit Designerküchen und dazugehörigem Lifestyle verbinden und stellen etablierte Konzepte auf den Kopf. Sie denken „Küche“ nicht vom Raum her, sondern vom Objekt. Sie fragen, was die Küche in ihrer Essenz eigentlich ausmacht, was es wirklich braucht, damit sie funktioniert und wie die Interaktion zwischen Dingen und Menschen sinnvoll gestaltet werden könnte. So entstehen „Küchen“ jenseits des klassischen Möbelbaus, die sich vor allem durch ihre Mobilität und ihre Modularität auszeichnen. Inhaltlich spannt sich der Bogen dieser Designprojekte vom Sozialen bis zum Künstlerischen, ästhetisch von DIY bis zum professionell Handwerklichen.

Für chmara.rosinke ist die Küche keine Bühne der Selbstdarstellung oder gar Statussymbol, sondern ein Ort des Sozialen, an dem Gesellschaft gestaltet wird. Mit ihrer 2011 entworfenen „mobilen Gastfreundschaft“ reisten sie von Wien aus an verschiedene Orte in Österreich und weltweit, darunter auch Paris und New York. Ziel des Projektes war es, temporär eine neue Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum herzustellen und dadurch einander fremde Menschen für die Dauer einer Mahlzeit an einen Tisch zu bringen.

Auch das Projekt „Co-cooking Caritas“ stellt die soziale und kulturelle Bedeutung von Kochen und Essen in den Mittelpunkt. Denn Essen stiftet Gemeinschaft, Identität, Heimat und kulturelle Codes. Im Auftrag der Caritas entwarfen chmara.rosinke mobile Küchenblöcke für eine Gemeinschaftsküche, in der Kinder, Teenager und alte Menschen gemeinsam kochen, Wissen teilen und für die Bedeutung einer gesunden Esskultur sensibilisiert werden sollen.

Für Claude Levi-Strauss markiert das Kochen den Anfang von Zivilisation und Handwerk. Der erste Herd war eine Feuerstelle. Eine Art Neuinterpretation dieses archaischen Produzierens von Nahrung haben chmara.rosinke mit „Time for oneself“ unternommen. Es handelt sich um eine Fusion von Möbel, Rucksack, Picknickkorb, Kochstelle mit Angelset, kurzum um eine Art Toolbox, die es seinen Benutzerinnenn oder Benutzern erlaubt, in der Natur einer höchst angenehmen und erholsamen Art der Nahrungsbeschaffung und -zubereitung nachzugehen. Bei der Herstellung der verschiedenen Objekte arbeitete das Duo mit zahlreichen Handwerkern zusammen, deren Spektrum vom Bürstenmacher bis zum Schmied reichte. „Time for oneself“ ist ein Objekt für moderne Stadtnomaden, die sich dem raren Luxus der Frei-Zeit hingeben möchten.

Eine alternative Konsumkultur? Chmara.rosinke nutzen Design als Möglichkeit, um über das Verhältnis von Mensch und Umwelt, seine Grundbedürfnisse und seine Verantwortung, sowie über die Beziehung von Objekten und Raum nachzudenken. Soziales Design spielt eine wichtige Rolle, aber auch die Gestaltung ökologisch nachhaltiger und handwerklich qualitätvoller Dinge. Es geht ihnen um die Rückbesinnung auf das Archtetypische und die sinnlichen Qualitäten von Gestaltung als Voraussetzung für eine neue alternative Konsumkultur.