Wir freuen uns, Sie auf unsere Einzelausstellung mit Werken von Charles Gaines in der Bleibtreustraße 45 aufmerksam zu machen. Dies ist die zweite Einzelausstellung des Künstlers in der Galerie.

Seit den späten 1970er Jahren gilt Charles Gaines als wichtiger Vertreter der amerikanischen Konzeptkunst. In seinen Zeichnungen, Arbeiten auf Papier und Fotografien untersucht er wie ästhetische Erfahrungen, Politik und Sprache von regelbasierten Prozessen und Systemen konstruiert werden. Seine vielschichtige und oft serielle Praxis, die sowohl Bilder, Texte und Raster einbindet, untersucht klassische Bildstrukturen und hinterfragt wiederkehrende Darstellungsformen. Gaines' teils mathematischen Methoden werden oft durch spontane und unlogische Elemente unterbrochen und erkunden so die Bedeutung und Grenzen des Rationalen und Irrationalen, des Objektiven und Subjektiven.

In seiner Ausstellung bei Galerie Max Hetzler zeigt Gaines acht neue Werke aus seiner seit 1985 fortlaufenden Serie Numbers and Trees. Hierbei überträgt der Künstler das universelle Motiv des Baums in ein System aus Zahlen und Raster. Jedes Werk zeigt die Zeichnung eines Baumes – zugrunde liegt jeweils ein Foto aus dem Berliner Tiergarten – über welche eine gerasterte Acrylhaube gestülpt wurde. Gaines malt anschließend einen weiteren Baum direkt auf die Acryloberfläche. Der gemalte Baum ergibt sich aus farbigen und nummerierten Quadraten, die in der Mitte des Stamms mit der Ziffer Null beginnen und sich in nummerischer Reihenfolge seitlich ausbreiten. Im Verlauf der Serie wird jeder vorherige Baum dem folgenden Werk hinzugefügt und bildet durch die jeweils andere Färbung ein Konglomerat aus überlagerten Formen und Farben. Indem er die charakteristische, organische Form des Baums auf Zahlen, Quadrate und Farben herunterbricht, verfremdet Gaines die visuelle Wahrnehmung dieses alltäglichen Objekts und hinterfragt unsere Erfahrung dessen, was eine bestimmte Form bedeutet.

Darüberhinaus werden in der Ausstellung zwei Teile der insgesamt vierteiligen Serie Sound Text, 2015, zu sehen sein. In Sound Text #1 und Sound Text #2, überträgt Gaines politische Texte des amerikanischen Abolitionisten Frederick Douglass und des chinesischen Philosophen Konfuzius auf Melodien amerikanischer Lieder aus dem frühen 20. Jahrhundert, in dem er ein spezifisches musikalisches Transkriptionssystem anwendet. Jeder Teil von Sound Text besteht aus einem Triptychon mit zwei gerahmten Zeichnungen und einem Monitor. Während die Zeichnungen die Klavierpartitur der ursprünglichen Melodien und die ausgetauschten Textzeilen abbilden, läuft der politische Text entlang des jeweiligen Bildschirms, akustisch begleitet von dem neu vertonten Lied. Gaines veranschaulicht in dieser Serie die Strukturen, die seinen Quellen – sowohl dem politischen Schriftstück als auch der historischen Melodie – zugrundeliegen und verknüpft beide auf systematische Weise um etwas Neues zu kreieren. Das finale Lied spiegelt einen zufälligen Zusammenhang zwischen Sprache und musikalischer Komposition wieder und bildet eine Verbindung zwischen zwei eigenständigen Systemen.

Gleichzeitig eröffnet Galerie Max Hetzler den zweiten Teil der Gruppenausstellung True Stories: A Show Related to an Era – The Eighties, kuratiert von Peter Pakesch in der Goethestraße 2/3.

Charles Gaines (*1944, Charleston) lebt und arbeitet in Los Angeles. Gaines' Werk wurde in Einzelausstellungen u. a. im Institute of Contemporary Arts, Miami (2017); Hammer Museum, Los Angeles (2015); The Studio Museum, Harlem (2014); Pitzer College Art Gallery und Pomona College Museum of Art, Claremont (beide 2012) gezeigt. Er nahm an Gruppenausstellungen in renommierten Institutionen wie dem MoMA, New York (2017 & 2014); BALTIC, Gateshead (2017); Venedig Biennale, Venedig (2015 & 2007); Whitney Museum of American Art, New York (2015); The Museum of Contemporary Art, Los Angeles (2011) und UCLA Armand Hammer Museum, Los Angeles (2011) teil. 2013 erhielt Charles Gaines das Guggenheim Fellowship. Seine Arbeiten sind u. a. in den Sammlungen des MoMA, New York; The Whitney Museum, New York; Museum of Contemporary Art, Los Angeles, Lentos Kunstmuseum Linz und Galerie der Stadt Esslingen in der Villa Merkel, Esslingen, zu finden.