Bunt und laut, intelligent und gesellig, stark und trotzdem sanftmütig – so zeichnen viele Menschen das Bild von den Papageien aus Südamerika. Doch die beliebten Exoten sind stark bedroht. Immer mehr Lebensraum geht durch Waldrodung und den Ausbau von Ackerbau und Viehzucht verloren.

Mit spektakulären Objekten und einer ungewöhnlichen Inszenierung bringt die Ausstellung einen Hauch von Südamerika nach Berlin. Sie regt aber auch zum Nachdenken an: Was hat die Bedrohung von exotischen Vögeln und der Verlust der Artenvielfalt mit uns zu tun und können wir durch unser Handeln Einfluss nehmen?

Aber wer hätte gedacht, dass auch das Nackensteak auf dem Grill etwas mit den Überlebenschancen von Aras zu tun hat? Die Sonderausstellung rückt eine der wichtigsten Herausforderungen unserer Zeit in den Fokus: Was bedeutet nachhaltiger Naturschutz und verantwortungsbewusstes Handeln in einer sich ständig wandelnden, globalisierten Welt?

Vom Amazonas bis zum Polarkreis, von Humboldts Forschungsreisen bis in die Gegenwart – die Sammlungen des Museums für Naturkunde werden seit Jahrhunderten von Naturwissenschaftlern aus der ganzen Welt zusammengetragen und bieten Forschern die Grundlage, um neue Erkenntnisse über die Vielfalt des Lebens zu gewinnen. Mithilfe moderner Technologien geben selbst alte Exponate wichtige Informationen zu aktuellen Fragestellungen preis. Wer hätte vor hundert Jahren gedacht, dass man mit heutigen Methoden noch das Erbgut von längst ausgestorbenen Arten entschlüsseln kann? Oder, dass eine Eiersammlung Klimaforschern wichtige Daten zu Luftverschmutzung vor der Industrialisierung liefern würde? Und wer weiß welche Daten heute gesammelte Objekte in der Zukunft liefern werden?

Viele Aras sind Lebensraumspezialisten: Sie fressen spezielle Palmfrüchte, nisten in bestimmten Baumhöhlen oder Felsspalten und haben neben Jaguar und Harpyie nur wenige natürliche Feinde. Die heute noch in freier Wildbahn lebenden 16 Arten besiedeln ganz unterschiedliche Gebiete in Zentral- und Südamerika: vom Dornwald in den Anden bis hin zum immergrünen Regenwald des Amazonasbeckens. Eines jedoch haben alle Arten gemeinsam: Sie sind vom voranschreitenden Verlust ihres natürlichen Lebensraumes bedroht. Klimawandel, weidende Rinderherden und riesige Monokulturen, Tropenholzeinschlag und Bergbau führen dazu, dass artenreiche Gebiete wie das Amazonasbecken oder die Savannenlandschaft des Cerrado immer weiter zerstört werden. Viele der Produkte, die auf den Flächen gewonnen werden, sind für den Weltmarkt bestimmt und werden nach Europa und auch Deutschland exportiert.

Ein sonniger Tag in Berlin, die Vögel zwitschern im Park, ein saftiges Nackensteak brutzelt auf dem Grill. Was hat dieses unschuldige Sommervergnügen mit bedrohten Vögeln zu tun, die weit weg in den Savannen und Wäldern Mittel- und Südamerikas leben? Mehr als man denkt. Weite Teile des brasilianischen Cerrado, eine der artenreichsten Savannen der Welt, in der verschiedene Ara-Arten heimisch sind, werden als Agrarflächen intensiv bewirtschaftet, um dort vor allem eines anzubauen: Soja. Dadurch ist bereits heute mindestens die Hälfte des Cerrado zerstört. Das dort angebaute Soja geht zu Teilen nach Deutschland und landet in den Trögen von Masttieren: Rindern, Geflügel und Schweinen. Und Schweinefleisch ist in Deutschland mit Abstand am beliebtesten: Ungefähr 5,5 Millionen Tonnen werden jährlich davon erzeugt. Durchschnittlich 54 Kilogramm landen in Form von Bratwurst, Nackensteak und Co. bei jedem Deutschen auf dem Teller. Und auf den Äckern im einst wilden Cerrado? Dort ist es inzwischen mucksmäuschenstill.

Künstliche Befruchtung, Leihelternschaft und bewachte Schutzzonen – um das Überleben von bedrohten Arten zu sichern, werden viele Maßnahmen ergriffen. Häufig sind es Enthusiasten, die hinter den ambitionierten Projekten stehen und sich zum Ziel gesetzt haben, vom Aussterben bedrohte Arten wie den Spixara vor dem Schicksal, das Dodo, Riesenalk oder Kubaara bereits ereilt hat, zu bewahren. Erfolgreicher Arterhalt ist allerdings alles andere als einfach. Bei der Zucht ist neben dem Fortpflanzungserfolg die Erhaltung des Genpools wichtig. Bei schlechten Hygienebedingungen kann schon ein Virus reichen, um eine ganze Population dahinzuraffen. Für die Wiederauswilderungen muss ein passender Lebensraum gefunden, und die lokale Bevölkerung eingebunden werden. Zudem müssen Schutzmaßnahmen getroffen werden, die verhindern, dass die Tiere gleich wieder eingefangen und verkauft werden. Internationale Partnerschaften und interdisziplinäre Zusammenarbeit sind unerlässlich um solche Vorhaben voranzubringen.

Aras sind beliebte Haustiere auf der ganzen Welt, und das schon seit Hunderten von Jahren. Die Gründe sind vielfältig: Sie werden schnell zutraulich, haben ein ausgeprägtes Sozialverhalten und bauen deshalb eine Bindung zu ihrem Halter auf, sie sind tagaktiv, gelten als intelligent und sprachbegabt. Ähnlich wie von Katzen und Hunden gibt es im Internet auch über Aras unzählige Videos und Textbeiträge, die das putzige Verhalten der Tiere aufzeigen. Kein Wunder, dass sich kaum jemand ihrem Charme entziehen kann. Die Ähnlichkeiten zu menschlichem Verhalten und die Sprachbegabung sind auffällig und es fällt grundsätzlich schwer zu glauben, dass die Tiere nicht genau verstehen, was sie da tun. Aus naturkundlicher Sicht ist das allerdings ein fast tragischer Trugschluss. In freier Natur leben Aras oft in Familienverbänden und binden sich meist ein Leben lang an ihren Partner. In Gefangenschaft kompensieren Einzeltiere den Mangel an Artgenossen mit der Alternative, die ihnen bleibt: der Ersatzbeziehung mit einem Menschen.

Die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Berlin hat ein Infoblatt über die private Haltung von Papagien erstellt, welches wir gerne an dieser Stelle erwähnen möchten.

Der illegale Handel mit seltenen Tieren ist nach Drogen, Waffen und Menschenhandel der größte Schwarzmarkt weltweit – jährlich werden Schätzungen zufolge damit etwa 20 Milliarden Euro umgesetzt. Während Nashorn, Tiger und Schuppentier wegen ihrer Verwendung in der „traditionellen“ Medizin Asiens verkauft werden, sind Aras für den Haustiermarkt bestimmt. Die besonders seltenen Arten landen häufig in den Volieren von Vogelsammlern, die die Tiere als Prestigeobjekte besitzen wollen und bereit sind hohe Summen zu zahlen. Alle Ara-Arten stehen unter dem Schutz des Washingtoner Artenschutzübereinkommens Cites, welches den internationalen Handel mit bedrohten Arten reguliert und überwacht. Trotzdem werden immer wieder illegale Wildfänge beschlagnahmt, die dazu bestimmt waren die Nachfrage nach den beliebten Haustieren in Südamerika, den USA oder Europa zu befriedigen.

Aras sind in der südamerikanischen Kultur tief verwurzelt und wurden aufgrund ihres farbenprächtigen Federkleides schon von den Inka, Azteken und in der Nazca-Kultur verehrt. Noch heute nehmen sie in der Kultur vieler indigener Gruppen eine zentrale Rolle ein. Ihre bunten Federn schmücken Gewänder, Kopfbedeckungen und Waffen. Traditionen, wie die Verwendung von Arafedern im Kunsthandwerk, werden seit Generationen weitergegeben. Ihnen gegenüber steht das Leben in einer globalisierten Welt: Erwerbssituationen verändern sich mit der Zeit, genau wie Werte und Gepflogenheiten. Viele Ara-Arten sind durch Wilderei und Lebensraumverlust stark gefährdet. Die traditionelle Nutzung durch indigene Gruppen wird vor diesem Hintergrund zu einer zusätzlichen Bedrohung. Wie kann man die Natur schützen ohne die Kultur zu beschneiden? Was ist wichtiger? Moderne Naturschutzprojekte stellen sich diesen Fragen und suchen gemeinsam mit der lokalen Bevölkerung Wege, um Tradition und Artenschutz zusammenzubringen.