Die Ausstellung Cindy Sherman. That’s me – That’s not me. Frühe Werke 1975-1977 zeigt rund 50 Arbeiten der Künstlerin, welche die Sammlung Verbund, Wien seit ihrer Gründung im Jahre 2004 erworben hat. Nach der Präsentation in der Vertikalen Galerie in Wien und im Centre de la photographie in Genf ist Shermans Frühwerk jetzt erstmals in Italien zu sehen.
Mit der Ausstellung zum Frühwerk von Cindy Shermann zeigt Kunst Meran nach den bedeutenden Ausstellungen der Fotokünstler Robert Mapplethorpe, Man Ray, Boris Mikhailov in den Monaten Februar bis Mai frühe Werke der US-Amerikanerin Cindy Sherman.
Cindy Sherman zählt zu den bedeutendsten Künstlerinnen der Gegenwart. Von 1972 bis 1976 studierte sie am Buffalo State College. Seit Sommer 1977 lebt und arbeitet sie in New York. 1982 nahm sie bereits an der documenta 7 teil und es folgten zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen in internationalen Museen. Derzeit tourt die große Retrospektive des Museum of Modern Art in das San Francisco Museum of Modern Art, das Walker Art Center, Minneapolis und das Dallas Museum of Art, Dallas.
Gabriele Schor, Leiterin der Sammlug Verbund hat drei Jahre lang in enger Zusammenarbeit mit Cindy Sherman die konzeptuellen und performativen Anfänge des Œuvre der Künstlerin wissenschaftlich aufgearbeitet und verfasste den Catalogue Raisonné ihres Frühwerkes, erschienen 2012 im Hatje Cantz Verlag in deutscher und englischer Ausgabe.
Die Sammlung Verbund wurde 2004 von der Verbund AG, Österreichs führendem Stromunternehmen in Europa, ins Leben gerufen. Sie ist eine hochkarätige Firmensammlung mit zeitgenössischer, internationaler Ausrichtung. Die Sammlung folgt der Maxime „Tiefe statt Breite“ und konzentriert sich auf die thematischen Schwerpunkte „Performanz“ und „Feministische Avantgarde“ sowie „Räume und Orte“.
Cindy Sherman beginnt mit achtzehn Jahren 1972 am State University College Buffalo Malerei zu studieren. 1975 wechselt sie ihr Hauptfach von Malerei zu Fotografie. Im Sommer 1976 schließt sie ihr Studium ab und im Jahr darauf verlässt die Künstlerin Buffalo und zieht nach New York City. Entgegen der bisherigen Annahme sind nicht die berühmten Untitled Film Stills (1977-1980) Shermans erste Arbeiten, vielmehr entstand während der Jahre 1975 bis 1977 in Buffalo ein umfassendes Frühwerk, welches das Fundament ihres zukünftigen OEuvre werden sollte. Sherman entwickelt ihr Verständnis für die aktuellen zeitgenössischen Strömungen in dem von Künstlern selbstverwalteten Ausstellungszentrum Hallwalls, welches von Shermans damaligen Freund Robert Longo und Charles Clough im November 1974 gegründet wurde. Aufgrund des regen ‚visiting artists’ - Programms in Hallwalls lernt sie u.a. Vito Acconci, Bruce Nauman und Chris Burden kennen. Für Sherman haben allerdings einige Künstlerinnen eine Vorbildfunktion. Lynda Benglis, Hannah Wilke, Adrian Piper, Eleanor Antin und Suzy Lake waren – wie Sherman selbst sagt - „role models“, weil diese Künstlerinnen ihren eigenen weiblichen Körper in die Kunst einbrachten. Shermans Frühwerk ist entscheidend bestimmt durch die Anfang der 1970er Jahre aufkommenden künstlerischen Ausdrucksformen wie Film, Video, Fotografie, Installationen, Performances, Konzeptkunst und Body Art.
Cindy Shermans Frühwerk lässt sich in drei Phasen gliedern. Vorerst beginnt Sherman mit dem Porträt. Durch den differenzierten Einsatz von Make-up und Mimik entstehen 1975 einige Bildfolgen, die ihr Gesicht in Verwandlung zeigen. Die Fotografien Untitled (Growing Up) veranschaulichen den Werdegang von einem Mädchen zu einer jungen Frau und thematisieren den Prozess der Adoleszenz. Shermans zweite Phase beginnt, indem sie die Performance auf ihren ganzen Körper erweitert. Sie fotografiert sich in unterschiedlichen Posen, Rollen und Identitäten und schneidet die entworfenen Figuren aus dem Fotopapier aus (Cutout). So entsteht der Animationsfilm Doll Clothes (1975) und mehrere Arbeiten, in denen sie die Cutouts überlappend aneinander reiht. In der dritten Phase ihres Frühwerkes lässt Sherman unterschiedliche Figuren (Charaktere) interagieren, wie in den Cutout-Serien A Play of Selves, Bus Riders und Murder Mystery (alle 1976).
A Play of Selves zeigt mit 244 Figuren und 72 Szenen in vier Akten und einem Finale ein aufwändig inszeniertes Theaterstück. Sherman veranschaulicht darin mit unterschiedlichen Charakteren (u.a. Wahnsinn, Begehren, Eitelkeit, Pein, gebrochene Frau und idealer Liebhaber) die mannigfaltige und gleichzeitig ambivalente Gefühlswelt einer Frau. In der Serie Murder Mystery entwirft sie mit ca. 211 Cutouts und 80 Szenen eine Kriminalgeschichte, deren Ausgang ungewiss bleibt. Sherman inszeniert sich darin u.a. als eifersüchtiger Liebhaber, Butler, Mutter und Detektiv. Beide Serien sind komplex aufgebaut und folgen einem ausgeklügelten Storyboard. Dabei werden die einzelnen Figuren entsprechend der Szene in unterschiedlichen Größenverhältnissen entworfen. Die Anzahl der Szenen konzipiert Sherman für die jeweilige Raumsituation, klebt sie auf Augenhöhe direkt an die Wände und schafft damit eine raumgreifende Installation. Das komplexe Frühwerk von Cindy Sherman ist durch einen konzeptuellen und performativen Schaffensprozess bestimmt. Viele der Cutouts sind aufgrund der ephemeren Präsentationsweise verloren gegangen, wie etwa die Bus Riders. In den Jahren in Buffalo erhebt Sherman erstmals das Spiel der Verwandlung zu ihrem künstlerischen Konzept und schafft zahlreiche bis heute unbekannte Fotografien, die auffallend viele Elemente des Theaters und des Films in sich vereinen. Seit mehr als 35 Jahren visualisiert Cindy Sherman eine Vielzahl von Rollenbildern und weiblichen Identitäten.
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