Tel Aviv, Abu-Hasan im Stadtteil Jaffa. Ein Gewirr von Sprachen, umherschwirrende Kellner und laute Musik. Wir wurden an einen Tisch zu zwei lokalen Bauarbeitern gesetzt, die uns zur Begrüssung zunickten. Da wurden uns schon zwei leere Teller, ein weiterer Teller mit einem Stapel Pitabrot und zwei Schlüsselchen mit einer grünlich durchsichtigen Sauce serviert.

„Hummus, Ful, Masabacha?“ fragte uns der Kellner, wahrscheinlich zum hundertsten Mal an diesem Tag. Überfordert von all den Sinneseindrücken, dem Gewirr und den Geschmäckern habe ich nichts verstanden. Zum Glück bestellte meine Kollegin: einmal Hummus, einmal Masabacha. Genau in diesem Moment bekamen wir einen Eindruck davon, wie unser Mittagessen aussehen wird. Unseren Tischnachbarn wurden zwei üppig gefüllte Teller Ful – ein Mus aus Fava-Bohnen serviert. Nicht einmal aufblickend putzen die hungrigen Männer ihre Teller in wenigen Minuten leer. Kurz danach wurden unsere zwei Teller aufgetischt. Einmal Hummus – ein Brei aus stundenlang weichgekochten Kichererbsen, der mit mit Sesampaste, Knoblauch, Olivenöl und Zitrone abgeschmeckt wird. Einmal Masabacha - ein Hummus, der nur zum Teil püriert ist und noch ganze Kichererbsen enthält. Daneben wurde ein Teller grob geschnittener, roher Zwiebeln gestellt.

Bedächtig dippten wir Stücke vom Pitabrot in die grünliche Sauce aus Zitronensaft und grünen Chilis und tunkten dann das Brot in den cremigen Hummus oder das feine Masabacha. Der ausgeglichene Geschmack von Tahina, der Sesampaste, Knoblauch und Zitrone liess auch uns kaum aufblicken. Wir assen auch unsere Teller leer, zwar nicht ganz so schnell wie die Einheimischen, aber nicht weniger geniessend. Ab und zu dippten wir mit einem Stück Zwiebel anstelle von Pita. Herrlich!

Bei Abu-Hasan, einem der bekanntesten Hummus Restaurants Tel Avivs beobachtete ich die zufriedenen Gesichter von amerikanischen Touristen, Arabern und Juden, die dieses einfache Armeleuteessen genossen. Ich erkannte, wie dieses Gericht verschiedenste Menschen friedvoll an einen Tisch bringen kann und begann, mich über die Herkunft dieses Gerichts zu interessieren. Hummus, da sind sich alle einig, ist die Leibspeise des Vorderen Orients. Auch wenn Hummus heute in Israel als beliebtestes Nationalgericht bezeichnet wird, gibt es Theorien, die den Ursprung dieses Kichererbsenbreis der arabischen Küche zuordnen.

Der islamistische Herrscher Saladin, der im 12. Jahrhundert Jerusalem zurückeroberte, habe die Idee gehabt, getrocknete Kichererbsen einzuweichen und mit Sesampaste, Olivenöl und Salz in einem Mörser zu zerstampfen. Christen und Juden hingegen sehen in der Paste eine biblische Speise. Ob aus Libanon, Syrien oder Israel – sicher ist, dass es dieses Gericht seit über 6000 Jahren gibt. Hummus als Gericht einer Gross-Damaskus Küche zu bezeichnen wäre wohl zutreffender, Gericht einer Küche des östlichen Mittelmeers, die in Syrien, Libanon, Jordanien, Palästina und Israel gekocht wird.

Im Fruchtbaren Halbmond, dem Gebiet zwischen den Flüssen Euphrat und Tigris, begannen Bauern vor Tausenden von Jahren, erstmals Ackerbau und Viehzucht zu betreiben. Auch Kichererbsen, die heute zu den ältesten Kulturpflanzen der Welt gehören, wurden schon damals angebaut.
Heute ist Indien das Hauptanbaugebiet von Kichererbsen. Die Hülsenfrucht bietet täglich Millionen Menschen wichtige Nährstoffe. Die kleinen runden Hülsenfrüchte sind sehr gesund, reich an Zink und Magnesium, Folsäure und Vitaminen. Konsumiert zusammen mit Weizen, zum Beispiel Pitabrot, bilden sich durch die vorhandenen Aminosäuren für den menschlichen Körper wichtige Proteine.

Genau diese positiven Eigenschaften für die körperliche Gesundheit könnten einen weiteren Grund für die grosse, weltweite Popularität der einfachen Hülsenfrüchtepaste sein. Hummus, ein Trendfood mit jahrtausendalten Wurzeln. Für viele Menschen Modespeise, die dem gesunden Lifestyle entspricht – für andere Symbol für Identität und Heimat.