New Yorks Kunst und Kulturszene hat eine einzigartige und wirklich tiefe Wurzel: SoHo, das Viertel das südlich von der Houston Street liegt. Daher auch der Name: South of Houston.

Bis zum Ende der 60-ger Jahre war es hauptsächlich industriell charakterisiert und fast verpönt. In den 70-ger Jahren siedelten sich dann viele Künstler an, die zu einem kritischen Diskurs und einer neuen Identität beitrugen. Darunter muß man vor allem Donald Judd erwähnen, den man in dieser Hinsicht durchaus als Pionier ansehen kann.

Im Jahre 1968 kaufte er – als der erste Künstler - ein fast verlassenes, fünf Stockwerke hohes Gebäude auf der Spring Street. Ihm folgten in kurzer Zeit viele Andere und SoHo wurde schnell zu einem pulsierenden Viertel für Künstler, Schriftsteller, Musiker und anderen kreativen Einwohnern. So gruendete zum Beispiel im selben Jahr Paula Cooper in Wooster Street die erste Kunstgalerie des Viertels. Ihr folgten der berühmte Leo Castelli, und dann die 112 Workshop Gallery (heute White Collums) , die Raum für Installationen und Performances von heute bekannten Künstlern wie Gordon Matta-Clark, Tricia Brown, Vito Acconci, Laurie Anderson, Richard Serra, und Phillip Glass anbot.

Sofort nach dem Einzug wurde das Erdgeschoss des Hauses als temporärer Austellungs- und Performanceraum genutzt, sowie auch für Treffen und Diskussionsrunden rund um und über Kunst und soziale Angelegenheiten. Mit seiner Frau Julie Finch gründete Donald Judd die Gruppe ‚Artists Against the Expressway’, die sich erfolgreich gegen den Bau einer Autobahn in Lower Manhattan einsetzte. Während seiner großen Abendessen und Partys wurden wichtige politische und historische Angelegenheiten aktiv besprochen und Pläne für ein besseres Leben in New York geschmiedet. Sein Zuhause wurde in kurzer Zeit zu dem Treffpunkt von SoHo und es ging soweit daß Judd sein Atelier vom Erdgeschoss in die oberen Räumlichkeiten verlegen musste, um nicht immer von an der Tür klopfenden Leuten gestört zu werden.

In den folgenden 25 Jahren renovierte Judd das Haus Etage für Etage, wobei er die meisten historischen Elemente beibehielt und alle neuen Änderungen und Möbel selbst designte. Immer mit dem Ziel im Auge Kunst und tägliches Leben miteinander zu vereinbaren. 101 Spring Street wurde so zu einem Ort, in dem Judd seine eigenen Ideen von permanenter Installationskunst im Bezug zu Architektur ausprobierte.

Jeder Flur des Hauses war (und ist immer noch) einem Lebensraum gewidmet. Am Boden reine Ausstellungsfläche, der zweite Stock Küche und Esszimmer, im Dritten Bibliothek und Arbeitsraum. In der vierten Etage sein Wohnzimmer, und der fünfte und letzte Stock das Schlafzimmer, mit einem einzigartigen Blick auf die Dächer von Manhattan. Fast alle Möbel sind von Judd mit viel Geschmack und Respekt vor der originalen Architektur konzipiert worden. Tische, Stühle, Regale und alle anderen Einrichtungsgegenstände sind von minimalem Design und fügen sich fast unsichtbar in die Ambiente ein, so daß man noch heute ‚Raum’ und ‚Freiheit’ regelrecht spüren kann. Zwei Konzepte die Judd in seinen Werken sehr wichtig waren. Die einmaligen Kunstwerke, die die Wände und Räume noch heute schmücken, sind entweder seine Eigenen, oder die seiner besten Freunde, zum Beispiel Dan Flavin, Robert Moses, Frank Stella, John Chamberlain.

Nach Judds Tod fiel das Gebäude in die Hände seiner Erben, die im Jahr 2001 dafür sorgten dass es originalgetreu renoviert wurde. Mit einem Team von Spezialisten wurde jeder Flur und jedes Möbelstück in die Hand genommen, wobei besonderen Wert auf den Erhalt der Kunstwerke und die Eisenfassade gelegt wurde. Denn das Haus ist heute das einzige private, gußeiserne Gebäude in SoHo!

Versteckt zwischen den großen Modeboutiquen und Fashionbrands, erkennt man es nur wenn man genau hinsieht. Der kleine Ausstellungsraum der zur Spring Street zeigt ist gewollt diskret und unscheinbar gehalten. In der Tat, erst seit 2013 kann man Judds Zuhause besichtigen, und nur mit Reservierung und unter strenger Aufsicht. Wenn man sich einmal den Eingang erschaffen hat, kann man dann aber zwischen Judds originalen Büchern und Arbeitsgeräten, sowie seinen Kochutensilien und seiner Minibar (die übrigens eine Reihe deutscher Schnäpse beinhaltet!) umher wandern und sich eine sehr genaues Bild von seinem Lebensstil machen.

Das Team der Judd Foundation hat für die nächsten Jahre eine Reihe von interessanten Ausstellungen geplant, vor allem über Judds Werke und über die Künstler die Ihm am nächsten standen, dennoch möchte man nicht dass sein Haus zu einer Massenattraktion wird und den Charakter eines versteckten Juwelen verlieren könnte.

Für mehr Informationen:
Donald Judd Foundation
101 Spring Street New York, NY 10012
www.juddfoundation.org